Wahl in der Bürgerschaft Peter Tschentscher zum neuen Hamburger Bürgermeister gewählt
Hamburg (dpa) - Der bisherige Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) ist zum neuen Hamburger Bürgermeister gewählt worden. Die Abgeordneten in der Bürgerschaft klatschen, der 52-Jährige erhebt sich.
Doch eine Riesenfreude ist am Mittwoch nicht von seinem Gesicht abzulesen. Vielleicht liegt das an seiner hanseatisch zurückhaltenden Art, vielleicht aber auch an dem Dämpfer, den er gerade hat hinnehmen müssen.
Die rot-grüne Koalition hat 73 Abgeordnete - doch in geheimer Wahl hat Tschentscher nur 71 von 118 Stimmen bekommen. Es müssen also mindestens zwei Politiker aus den Regierungsfraktionen nicht für ihn gestimmt haben. Als der Senat bestätigt wird, gibt es ebenfalls nur 71 Ja-Stimmen für Tschentschers Regierungsmannschaft. Sein Vorgänger Olaf Scholz, mittlerweile Bundesfinanzminister und Vize-Kanzler in Berlin, hatte 2015 sogar drei mehr Stimmen bekommen, als es damals Abgeordnete von SPD und Grünen im Landesparlament gab.
Gegen Tschentscher stimmten 45 Abgeordnete, zwei enthalten sich. Der promovierte Mediziner musste mindestens 61 der eigentlich insgesamt 121 Abgeordneten für sich gewinnen, um die Mehrheit zu erlangen. Drei Politiker sind nicht da, um ihr Votum abzugeben.
Vom grünen Koalitionspartner gibt es einen Fahrradhelm für den neuen Bürgermeister. „Auf dass er mit uns Grünen für Hamburg kräftig in die Pedale tritt“, erklärt Fraktionschef Anjes Tjarks. Die Linken fordern einen echten Wandel. „Hin zu einer sozialeren, gerechteren, demokratischeren Stadt“, sagt die Fraktionsvorsitzende Cansu Özdemir.
In einem Fernsehinterview gibt Tschentscher sich später angesichts des Votums gelassen: „Das ist eine sehr gute, sehr deutliche Mehrheit“, sagt er dem „Hamburg Journal“ des NDR Fernsehens. „Es kommt nicht darauf an, was im Wahlgang passiert ist. Es kommt darauf an, was die nächsten Wochen, Monate, die nächsten zwei Jahre passiert. Da bin ich sehr guter Dinge.“
Sieben Jahre lang war Tschentscher Finanzsenator, der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Dressel wird zu seinem Nachfolger ernannt. Auf Bundesebene ist der gebürtige Bremer bislang bei weitem nicht so bekannt, wie es Scholz bei seinem Amtsantritt in der Hansestadt war. Auch die Hamburger wissen noch nicht allzu viel über Tschentscher, der bislang als Mann der Zahlen im Stadtstaat galt.
Bereits Anfang Februar gab es erste Meldungen, dass Scholz nach sieben Amtsjahren als Regierungschef an der Elbe in die Bundespolitik wechseln werde. Doch erst einen Monat später kam die offizielle Bestätigung. Sein Abschied löste bei der Hamburger SPD ein Stühlerücken aus. Zwei Favoriten sagten aus familiären Gründen für das Bürgermeister-Amt ab, die Personalie Tschentscher kam für Rathausbeobachter überraschend. „Eine verpatzte Nachfolgeregelung“, nennt CDU-Fraktionschef André Trepoll die Ereignisse in der Bürgerschafts-Debatte.
Scholz hatte seit 2009 auch den Landesvorsitz inne, den übernahm am vergangenen Wochenende Sozialsenatorin Melanie Leonhard. Erst am 9. April soll die neue SPD-Fraktionsspitze bestimmt werden. Das neue Führungsteam muss die SPD aus einem Umfragetief herausbringen, derzeit liegen die Elb-Genossen nur noch bei 28 Prozent. In zwei Jahren steht die nächste Bürgerschaftswahl an. Die Opposition wittert schon ihre Chance.
In der Bürgerschaft ergreift Tschentscher nicht das Wort, in zwei Wochen will er eine Regierungserklärung abgeben. Tschentscher kündigte bereits mehrfach an, dass einer seiner Schwerpunkte die Wohnungsbaupolitik werden soll. Auf einem Sonderparteitag der SPD, bei dem er mit einem sehr guten Ergebnis als Bürgermeister-Kandidat nominiert wurde, hatte er den Bürgern versprochen: „Die besten Tage Hamburgs liegen vor uns.“