Pflege: Auch enterbte Kinder zahlen für ihre Eltern
Selbst ein enterbter Sohn ist laut Bundesgerichtshof bei den Pflegekosten in der Pflicht.
Karlsruhe. Der betroffene Sohn ist immer noch schockiert von dem Verhalten seines Vaters. Der hatte vor mehr als 40 Jahren jeden Kontakt zu seinem Sohn abgebrochen. Obwohl er bis heute die Gründe dafür nicht kennt, muss der Sohn nun 9000 Euro für den Aufenthalt seines mittlerweile gestorbenen Vaters in einem Pflegeheim zahlen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Der Grund: Der Vater hatte sich erst von dem Sohn abgewandt, als dieser 18 Jahre alt war. Damit hat er nach BGH-Ansicht seine Pflicht im Wesentlichen erfüllt. „Der BGH hat verkannt, was es für einen Menschen bedeutet, wenn der Vater sich von ihm abwendet“, sagt der Rechtsanwalt des Beamten, Michael Klatt. „Auch für einen Erwachsenen wie meinen Mandanten ist das eine hohe emotionale Belastung, die an psychische Gewalt grenzt.“
In der Regel geht es um Kosten für die Pflege. Laut dem Pflegereport der Krankenkasse Barmer GEK lag der monatliche Eigenanteil in der stationären Pflege bei Pflegestufe III 2011 im Schnitt bei 1802 Euro. Die Einkünfte und das Vermögen vieler Rentner reichen häufig nicht aus. „Im Durchschnitt bleiben 1000 Euro ungedeckt“, erklärt Schausten, der Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein ist. Diesen Betrag übernehmen die Sozialhilfeträger. „Doch dann schauen die Behörden, wie sie das Geld zurückbekommen, und wenden sich an die Kinder.“
Die Sozialhilfeträger verlangen von den Kindern Auskunft über deren Einkommen und Vermögen. Aufgelistet werden zum Beispiel das berufliche Einkommen, aber auch Immobilienbesitz oder Kapitalvermögen. „Die Angaben müssen vollständig und richtig sein“, sagt Schausten.
Werden Einkünfte oder Vermögensteile verschwiegen, wird das in der Regel als Betrug gewertet. „Und der ist strafbar.“ Allerdings zählt nicht nur das Einkommen, auch Ausgaben werden berücksichtigt. Gegengerechnet werden zum Beispiel Miete, Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den eigenen minderjährigen Kindern oder Kosten für den Immobilienkredit.
Ihr gesamtes Einkommen müssen Kinder nicht für den Elternunterhalt einsetzen. „Es gibt einen Selbstbehalt“, erklärt Schausten. Für Verheiratete liegt dieser derzeit bei 2880 Euro monatlich, für Alleinstehende bei 1600 Euro. Auch eine selbst genutzte Immobilie muss in der Regel nicht verkauft werden.