Piraten: „Wir haben Geschichte geschrieben“
Neulinge feiern und blicken mit großen Erwartungen nach vorn.
Düsseldorf. Auch Piraten kommen mal die Tränen. Michele Marsching, Landeschef der Partei, kann sie um kurz nach 18 Uhr kaum noch zurückhalten.
Gerade hat die erste Prognose die Piraten bei acht Prozent gesehen. Nun steht er vor Hunderten jubelnden Anhängern auf der Wahlparty im Düsseldorfer Zakk, ringt um Fassung und ruft: „Wir haben heute Geschichte geschrieben!“
Dass die Piraten zu den Siegern dieser Wahl gehören würden, wussten sie ja schon vor diesem Abend. Entsprechend ausgelassen ist die Stimmung bereits vor der ersten Prognose. Einige kommen in Parteifahnen gehüllt, andere haben orangefarbene, zu Säbeln geformte Luftballons mit oder kommen gleich im Piratenkostüm — und die letzten Sekunden zur ersten Prognose werden gemeinsam heruntergezählt.
Als sich der erste Jubel gelegt hat, hört man bei der Basis immer wieder diesen Satz. „Wenn mir das jemand vor zwei Jahren gesagt hätte . . .“ Daran erinnert auch Marsching in seiner kurzen Rede: „Das ist euer Erfolg, dass wir binnen zwei Jahren aus einer 1,6-Prozent-Partei eine Acht-Prozent-Partei gemacht haben.“
Obwohl einige Umfragen den Piraten ein noch besseres Ergebnis zugetraut hatten, herrscht ausgelassene Stimmung auf der Wahlparty. Von „super“ bis „sensationell“ reichen die ersten Bewertungen an der Basis.
Doch viele Anhänger schauen an diesem Abend auch schon nach vorn. „Wir müssen jetzt zeigen, dass wir tatsächlich eine andere Politik, Politik zum Mitmachen bieten“, bringt ein junger Pirat die Wünsche vieler auf den Punkt. „Es geht darum, über unsere Abgeordneten allen Mitgliedern im Landtag eine Stimme zu geben“, sagt ein anderer. Die Erwartungen an die neue Fraktion, das wird schon an diesem Abend klar, sind hoch.
Vor allem dem Spitzenkandidaten Joachim Paul aus Neuss scheint das bewusst zu sein. Er hält eine stellenweise auch nachdenkliche Rede, weist darauf hin, dass diese neue Fraktion im Landtag sicher auch mal Fehler machen wird.
Und in noch einem Punkt wollen sich die Piraten von den anderen Parteien unterscheiden: im Umgang mit der politischen Konkurrenz. Landeschef Marsching sagt es auf „Piraten-Deutsch“: „Frau Kraft, Frau Löhrmann — it’s Pony-Time.“
Diese Botschaft übersetzt eine Piratin so: „My little Pony“ sei eine alte Kinderserie, in der es um Freundschaft unter Ponys geht. Wenn unter Piraten von „Pony-Time“ die Rede ist, sei das eine witzig formulierte Aufforderung, Streit zu beenden. Man wolle also den anderen Parteien nun die Hand reichen.
Ob das jeder verstanden hat? Die Ergebnisse der CDU werden jedenfalls von vielen Anhängern mit kaum verhohlener Häme kommentiert. Auch Piraten kennen Schadenfreude.