Pkw-Maut: Mehr Kosten als Ertrag?

Die CSU verspürt Rückenwind aus Brüssel. Doch die wirtschaftlichen Fakten stimmen CDU und SPD skeptisch.

Berlin. Hat die EU mit ihrer Einschätzung, dass eine Maut für Ausländer in Deutschland rechtlich machbar ist, die Tür für die Einführung geöffnet? Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) jubelte jetzt am Rande der schwarz-roten Arbeitsgruppensitzung Verkehr: „Das Signal aus Brüssel gibt uns gewaltigen Rückenwind.“ Und er schob noch nach: „Alles was wir vorhaben, ist im Einklang mit EU-Recht.“

Doch ganz so ist es nicht. Auf eine Anfrage der Grünen hatte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas überraschend erklärt, dass es grundsätzlich möglich sei, von allen Autofahrern eine Maut zu verlangen, und dann die deutschen Autofahrer bei der Kfz-Steuer wieder zu entlasten. Eine Senkung der Steuer „bei gleichzeitiger Erhebung angemessener Nutzungsgebühren für alle Nutzer“ stelle „keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar“.

Das entspricht weitgehend der Position der CSU, die unbedingt eine Maut für Ausländer will. Doch wie die konkrete Kompensation für ansässige Kraftfahrer aussehen soll, ist offen. Und genau das ist das Problem. „Deutschen Autofahrern zum Beispiel im Gegenzug zur Zahlung der Kfz-Steuer eine kostenlose Vignette zukommen zu lassen, verstößt auch weiterhin gegen EU-Recht“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter unserer Zeitung.

Ähnlich argumentiert Brüssel. Soll heißen: Eine Gebühr müssen heimische Fahrer auf alle Fälle zahlen, die dann aber mit der Kfz-Steuer verrechnet werden könnte. Nur: Bei 40 Millionen angemeldeter Autos in Deutschland könnte das zu einem Projekt „epischen Ausmaßes“ werden, so ein Arbeitsgruppen-Mitglied auf Nachfrage.

Beispielsweise muss registriert werden, wer eine Vignette erhalten hat. Auch müssen die Kleber hergestellt werden und fälschungssicher sein; zudem entstehen erhebliche Kosten für die Versendung. Am Ende, so die Befürchtung, könnten die Systemkosten sogar höher ausfallen als die Einnahmen, die Ramsauer mit 800 Millionen Euro veranschlagt hat. Der jährliche Finanzbedarf für die Verkehrsinfrastruktur ist kürzlich von einer Kommission mit 7,2 Milliarden Euro beziffert worden.

CSU-Mann Ramsauer sieht das anders: „Wir wollen deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belasten.“ Gleichwohl ist man auch in der Schwesterpartei CDU weiter skeptisch, nicht nur, weil die Kanzlerin im Wort steht: „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben“, hatte sie im Wahlkampf gesagt. In Angela Merkels Partei wird auf weitere heikle Details verwiesen, die noch völlig ungeklärt sind: Was sollen die Vignetten kosten, und welche zeitliche Staffelung wird es geben? Was ist mit Elektroautos, die von der Kfz-Steuer befreit sind? Was mit PS-Schlitten?

Selbst wenn Schwarz-Rot die Maut beschließen sollte, rechnen Verkehrsexperten mit einem jahrelangen Verfahren — von der europarechtlichen Genehmigung bis zur Umsetzung. Bei der Sitzung der Arbeitsgruppe wurde das Thema dem Vernehmen nach von der SPD „strittig“ gestellt. Am Ende werden also vermutlich die Parteichefs entscheiden müssen.