Polizeigewerkschaft für mehr Blitzmarathons
Der Verkehrsgerichtstag diskutiert über weitere bundesweite Tempokontrollen. Experten sehen sie skeptisch.
Goslar. Etwa 15 000 Beamte, mehr als 8000 Kontrollstellen: Der Aufwand, mit dem die Polizei im vergangenen Oktober beim ersten bundesweiten Blitzmarathon gegen Temposünder vorging, war gewaltig. Die Polizeigewerkschaft dringt nun auf baldige Wiederholung. „Je häufiger flächendeckende Tempokontrollen durchgeführt werden, desto besser“, sagt Vorsitzender Rainer Wendt vor dem 52. Verkehrsgerichtstag (VGT), der am Mittwoch in Goslar beginnt. Dort soll über Blitzmarathons diskutiert werden.
Bei der ersten deutschlandweiten Ausgabe waren Zehntausende Raser erwischt worden. In Goslar will sich die Gewerkschaft bei einem öffentlichen Streitgespräch dafür stark machen, dass es solche Aktionen möglichst oft gibt.
Wendt verweist auf positive Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen, wo die Idee geboren und mehrfach umgesetzt wurde. „Wir wissen, dass die Aktionen auch langfristig Wirkung erzielen“, sagt er.
Auch die Verkehrsclubs ACE und ADAC befürworten solche Aktionen, weil derartige Tempokontrollen die Zahl der Verkehrstoten weiter senken könnten. In den vergangenen zehn Jahren seien in Deutschland mehr als 20 000 Menschen der Raserei zum Opfer gefallen, sagte ein ACE-Sprecher. Die Bußgelder sollten aber nicht in öffentlichen Kassen verschwinden, sondern in den Ausbau der Verkehrssicherheit gesteckt werden.
Verkehrsgerichtstag-Präsident Kay Nehm, der das Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat, ist skeptisch. Blitzmarathons sind für ihn eher „symbolische Handlungen mit begrenzter Wirkung“. Auf wenig Gegenliebe stoßen die Überlegungen auch beim Automobilclub von Deutschland (AvD). „Das ist eine reine PR-Kampagne“, sagt Sprecherin Cathrin von der Heide. „Wir befürworten zwar Tempokontrollen vor Schulen und Kindergärten oder an Zebrastreifen. Was ein Blitzmarathon dagegen über den Tag hinaus bringen soll, erschließt sich nicht.“ Der Verkehrsclub „Mobil in Deutschland“ wird deutlicher. „Das Ganze ist absoluter Humbug und reine Abzocke“, sagt Vorsitzender Michael Haberland.
Trotz seiner Skepsis mag Nehm dies so nicht gelten lassen. Ein Blitzmarathon könne dazu beitragen, das Raserei-Problem ins Bewusstsein zu rücken. Er sei allerdings für eine andere Methode, sagte der frühere Generalbundesanwalt: die sogenannte Section Control, deren Einführung der Verkehrsgerichtstag bereits 2009 empfohlen hatte.
Anders als bei normalen Radarfallen, die nur an einem Punkt das Tempo messen, wird dabei eine längere Strecke kontrolliert und ein Durchschnittstempo ermittelt. „Ich glaube, damit erreicht man viel mehr als mit symbolischen Handlungen wie dem Blitzmarathon.“