Präses Nikolaus Schneider übt zum Abschied Selbstkritik
Der 65-jährige Theologe prägte die Evangelische Kirche im Rheinland. Er hinterlässt kein „geordnetes Haus“.
Bad Neuenahr. Auch zu seinem nahenden Abschied als langjähriger Präses der rheinischen Kirche bleibt sich Nikolaus Schneider treu. Seinen letzten Jahresbericht vor der Synode der zweitgrößten Landeskirche nutzte der Linksprotestant für eine Generalkritik an Schwarz-Gelb. Der 65 Jahre alte Theologe aus Duisburg rügte Waffenexporte und widmete sich ausführlich seinem Herzensthema, der sozialen Gerechtigkeit. Da ist seine Bilanz ernüchternd: „Das gehört auch zu den großen Frustrationen, die ich in diesem Dienst erlebe“, sagte Schneider. „Als würde man gegen die Wand reden. Da kann man wirklich schon leicht verzweifeln.“
Schneider bleibt noch bis 2015 Ratschef der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und wird in dieser Funktion sicher weiter politisch klare Kante zeigen. Nach zehn Jahren Amtszeit als Präses fällt seine „rheinische Bilanz“ allerdings zwiespältig aus. Schneider übte sich in Selbstkritik: „Man kann wirklich nicht sagen, dass das Haus geordnet und bestellt sei“, räumte er ein.
Die tiefgreifendsten Folgen könnte dabei der millionenschwere Finanzskandal um das kircheneigene Beihilfe- und Bezüge-Zentrum im rheinland-pfälzischen Bad Dürkheim nach sich ziehen. Nach riskanten Anlagegeschäften auf den Virgin Islands war die Firma an den Rand des Ruins geraten und musste von der Kirche mit mehr als 21 Millionen Euro gestützt werden.
Eine unabhängige Kommission legte nun einen brisanten Prüfbericht vor. Darin rät das Gremium der rheinischen Landeskirche zu grundlegend neuen, demokratischeren Strukturen. Bisher ist der Präses Chef der einmal im Jahr tagenden Synode und der 16-köpfigen Kirchenleitung. Nach Ansicht der Prüfer müssen die Zuständigkeiten aber bis in die höchste Führungsebene entflochten werden, so wie es in fast allen anderen Landeskirchen der Fall sei.
Schneider möchte die „rheinische Besonderheit“ dagegen gern beibehalten. Andernfalls prophezeit er „Riesenkonsequenzen“. Die Kirche müsste praktisch völlig neu aufgebaut werden.
Zehn Jahre prägte Schneider die rheinische Kirche. Sein „Vermächtnis“ als Präses beschreibt er so: fromm und sozial engagiert. Auch für auf den ersten Blick ungewöhnliche Ideen steht Schneider. In seinem Bericht forderte er, dass muslimische Verbände Trägerschaften für Kitas und Altenheime in Deutschland übernehmen sollten — „aber bitte für alle Bürger“.
Die Synode in Bad Neuenahr geht noch bis zum 12. Januar. Der Nachfolger Scheiders wird am 10. Januar gewählt.