SPD Ralf Stegner wirbt für eine Mehrheit jenseits der Union

Der Fraktionschef der SPD im Landtag von Schleswig Holstein und stellvertretende Bundesvorsitzende über Tweets, Sheryl Sandberg, Beate Zschäpke, Martin Schulz und die unumstößliche Mindestanforderung an einen künftigen Koalitionspartner im Bundestag.

Ralf Stegner (SPD) Im Interview mit unserer Zeitung.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wuppertal. Ralf Stegner, Fraktionschef der SPD im Landtag von Schleswig-Holstein und stellvertretender Bundesvorsitzender, hat dieser Tage mit ein Tweet vom sich reden gemacht. Darin verglich er die Facebook-Chefin Sheryl Sandberg mit der mutmaßlichen Rechts-Terroristin Beate Zschäpe. Den Tweet hat er schnell gelöscht, die Aufregung im Netz ist geblieben. Im Interview mit unserer Zeitung spricht Stegner (57) darüber, aber auch über Martin Schulz und die unumstößliche Mindestanforderung an einen künftigen Koalitionspartner im Bundestag.

Herr Stegner, heute schon getwittert?

Stegner:
Klar. Ich habe seit ich auf Twitter bin knapp 30 000 Tweets geschrieben. Aber der mit Zschäpe war ein Fehler. Das darf nicht vorkommen, deshalb hab ich das sofort gelöscht und mich entschuldigt.

Sie twittern weiter.

Stegner:
Sicher.

Haben Sie eigentlich heimlich ins Kissen geweint, als ihre SPD Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten machte?

Stegner:
Wieso?

Sie gelten in ihrer Partei eher als Linker, als einer, der Rot-Rot-Grün befürwortet. Schulz gehört doch wohl zum bürgerlichen Lager der SPD.

Stegner:
Ich bin SPD pur und so sehe ich Martin Schulz auch. Ich werbe nicht für Bündnisse, sondern für eine Mehrheit jenseits der Union. Martin Schulz und ich haben seit Jahren ein gutes Verhältnis. Er ist einer, der weiß, dass er die ganze Partei braucht. Deshalb wundert es mich auch nicht, dass unsere Umfragewerte so gestiegen sind.

Sind das wirklich Stimmen für Schulz und nicht doch eher Stimmen gegen Angela Merkel?

Stegner:
Wir waren immer der Meinung, dass wir unterbewertet sind, unser Potenzial viel höher ist. Das heißt nicht, dass die Demoskopen etwas falsch gemacht hätten.

Sondern?

Stegner:
Ich glaube, die Wähler wollen eine echte SPD. Die verkörpert Martin Schulz. Für viele war seine Kanzlerkandidatur überraschend. Ich fand sie immer denkbar und freue mich sehr darüber. Dass der Effekt in den Umfragen so schnell so stark ausfällt, hatte ich allerdings nicht gedacht. Und die CDU hat keinerlei Rezept dagegen und auch keine Idee für die Zukunft. Martin Schulz will Kanzler werden und das schaffen wir auch.

Mit welchem Programm?

Stegner:
Martin Schulz wird den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Unser Programm wird auf dem Parteitag nach der NRW-Wahl im Mai verabschiedet. Fest steht zum Beispiel, dass die SPD die paritätisch finanzierte Bürgerversicherung will. Koalitionen mit Parteien, die das nicht wollen, kommen nicht infrage. Die SPD wird einen Gerechtigkeitswahlkampf führen.

Mit welchen Kernthemen?

Stegner:
Gerechtigkeit im Alltag: das heißt bei Arbeit. Steuern, Renten, Gesundheit und für Familien. Wir kämpfen gegen Rechts und werben für Friedenspolitik. Und glauben Sie nicht, dass die Leute das in Zeiten von Trump und Putin nicht interessiert.

Nach den jüngsten Umfragewerten passt die SPD derzeit durch keine Tür. Haben Sie da nicht die Sorge, dass sich Ihre Partei wieder einmal selbst zerlegt?

Stegner:
Nein, ausgeschlossen. Die SPD ist weit geschlossener als die CDU. Martin Schulz wird unsere Partei so führen, dass alle Teile der Partei einbezogen werden. CDU und CSU dagegen brauchen dringend eine Paartherapie in der Opposition.

Das heißt, dass sie eine neue Große Koalition mit der Union ausschließen?

Stegner:
Große Koalitionen will keiner, aber ausschließen sollte man gar nichts, außer mit Rechtspopulisten. Die Wähler entscheiden. Aber wir werden beispielsweise in keine Regierung gehen, die die Bürgerversicherung nicht will.

Mit den Linken ginge das.

Stegner:
Mir ist Sarah Wagenknecht ähnlich fern wie Andreas Scheuer. Ich schließe eine Koalition mit den Linken dennoch nicht aus, aber ich werbe nicht dafür. Wir haben dieses Jahr Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Bisher ist es der SPD mit ihrer Politik gelungen, Die Linken aus dem Landtag zu halten. Das sehe ich auch als meine Aufgabe an, dafür mit klarem Gerechtigkeitsprofil zu sorgen.