Rechnungshof fordert von Regierung Vorsorge für schlechte Zeiten
Berlin (dpa) - Die künftige Bundesregierung sollte sich nach Ansicht des Bundesrechnungshofes stärker für Konjunkturrückschläge und Haushaltsbelastungen wappnen. Trotz der sehr guten Ausgangslage und optimistischer Prognosen gebe es durchaus Risiken.
„Die aktuell guten Zeiten sollten daher zur Vorsorge für schlechtere genutzt werden - auch deshalb, weil schon heute ein gigantischer Schuldenberg von 1,3 Billionen Euro auf dem Bund lastet“, forderte Rechnungshof-Präsident Dieter Engels am Dienstag in Berlin.
Er empfahl der neuen Bundesregierung, nicht nur auf neue Schulden zu verzichten, sondern zumindest mittelfristig auch zu beginnen, den Schuldenberg abzubauen. „Wir finden es ein bisschen schade, dass nicht mit dem Schuldenabbau begonnen werden kann“, sagte Engels, dessen Amtszeit im Frühjahr endet. Es wäre ein gutes Zeichen gewesen, dass man willens sei, die Altlasten abzutragen.
Union und SPD wollen die bis 2017 erwarteten Überschüsse zur Finanzierung der geplanten Mehrausgaben von etwa 23 Milliarden Euro nutzen. Diese zusätzlichen Ausgaben seien zu stemmen, müssten aber dauerhaft gegenfinanziert werden, sagte Engels. Angesichts der Rentenpläne von Schwarz-Rot seien langfristig Steuerbelastungen für den Bundeshaushalt zu erwarten. Die Richtung und das Belastungsvolumen seien aber noch nicht absehbar.
Das Ziel, beim Bund von 2015 an erstmals seit mehr als vier Jahrzehnten ohne neue Schulden auszukommen, ist aus Sicht der Rechnungsprüfer nur unter bestimmten Voraussetzungen zu schaffen. So müssten die Zinsausgaben weiter auf niedrigem Niveau verharren und die Steuereinnahmen entsprechend der aktuellen Schätzungen steigen. Ferner müssten die Ausgaben für den Arbeitsmarkt und die Gesundheit stabil bleiben. Auch dürfe die europäische Staatsschulden- und Bankenkrise nicht zu weiteren Belastungen führen.
Die Rechnungsprüfer prangerten erneut Fälle an, in denen Ministerien und Verwaltungen Millionen-Summen durch unsinnige Ausgaben oder mangelhafte Kontrollen vergeuden. Im Fokus standen einmal mehr vor allem das Verteidigungsministerium samt Bundeswehr sowie das Verkehrsministerium. Diese Ressorts werden genauer geprüft, da es um große Beschaffungs- und Investitionssummen geht. Zwar werde dadurch viel aufgedeckt - daraus könne aber nicht geschlossen werden, „dass das die besonders bösen Bereiche sind“, sagte Engels.
Der Bundesrechnungshof bekräftigte seine Forderung, dass Finanzämter intensiver die Erhebung von Steuern kontrollieren müssten. „Die Ergebnisse sind schon sehr ernüchternd.“ Es wären erhebliche Mehreinnahmen für die Staatskassen möglich, wenn die Finanzämter Steuern so eintreiben werden, wie es das Gesetz verlange.
Engels forderte Bund und Länder auf, ihre Finanzbeziehungen neu zu ordnen. Der Bund übernehme zunehmend die Finanzierung von Aufgaben, die eigentlich ureigenste Angelegenheit der Länder und Kommunen seien - etwa Kitas, Hochschulen oder die Grundsicherung im Alter. Der Bund übernehme dies, obwohl die Eckwerte seines Haushaltes deutlich schlechter seien als der Durchschnitt der Länderhaushalte.
Auch entspreche es nicht der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung: „Das ist kein bloßer formaler Hinweis“, betonte Engels. Oft sei auch unklar, ob das Geld wirklich zweckgebunden in den Ländern ausgegeben wird. Dies sei schwer kontrollierbar. Engels sprach sich für einen Kassensturz aus - auch um Steuereinnahmen und Aufgabenteilung zu bewerten. Durch den Geldsegen vom Bund seien die Länder nicht gezwungen, Prioritäten zu setzen.