Statistik Rechtsextreme Gewalt: Brandenburg vorn - NRW legt am kräftigsten zu
Berlin/Düsseldorf (dpa) - In Brandenburg ist das Risiko eines Neonazi-Überfalls statistisch gesehen so groß wie in keinem anderen Bundesland. Dort kamen nach einer Erhebung des Bundesinnenministeriums im vergangenen Jahr auf 100 000 Einwohner rechnerisch 2,98 rechtsextreme Gewalttaten.
Das geht aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervor, über die zuerst die Berliner Tageszeitung „taz“ berichtet hatte. Demnach rangiert Brandenburg vor Berlin (2,81), Thüringen (2,27) und Mecklenburg-Vorpommern (2,19).
Den prozentual deutlichsten Zuwachs verzeichnete allerdings Nordrhein-Westfalen, wo die Zahl der rechtsextremen Übergriffe je 100 000 Einwohner im Vergleich zu 2013 von 1,09 auf 2,11 kletterte. NRW liegt damit vor Sachsen und Sachsen-Anhalt, das die Statistik im Jahr zuvor noch angeführt hatte.
Das nordrhein-westfälische Innenministerium macht für den Anstieg Krawalle der Gruppe „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) vom vergangenen Oktober verantwortlich, als sich Tausende Hooligans und Rechtsextreme in Köln Straßenschlachten mit der Polizei lieferten. Von diesem Vorfall stammen laut Ministerium 175 der in der Statistik genannten Straftaten.
Aus den bundesweiten Zahlen geht ohnehin nicht hervor, ob die Verschiebungen tatsächlich auf Veränderungen in der rechtsextremen Szene zurückzuführen sind oder auf eine veränderte Einstufung der Taten.
So hatte etwa Brandenburg erst kürzlich seine Statistiken aus den 90er Jahren korrigiert. Durch die Untersuchung mehrerer umstrittener Altfälle waren neun Tötungsdelikte nachträglich als rechtsextrem motiviert eingestuft worden. In den vergangenen Jahren wurde aber die Zählweise bei politisch motivierten Taten zunehmend vereinheitlicht, damit die Statistiken der einzelnen Länder besser vergleichbar sind.
Die Länderübersicht zu politisch motivierten Straftaten war bis 2011 Teil der Verfassungsschutzberichts. Dass die Zahlen dort mittlerweile nicht mehr auftauchen, erklärt das Innenministerium mit einem „generell verschlankten“ Format des Berichts. Bei der Linksfraktion stößt dieses Vorgehen jedoch auf Kritik. Die Daten seien unter anderem „extrem wichtige Indikatoren dafür, wo sich gefährliche Neonaziszenen entwickeln“ und wo polizeiliche Gegenmaßnahmen erfolgreich seien, erklärte die Linken-Abgeordnete Martina Renner.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte unterdessen einen wirksameren Schutz seines Berufsstandes vor rechtsextremer Gewalt. „Bei Demos und Kundgebungen von Neonazis erleben Berichterstatter immer wieder, dass sie bedroht und eingeschüchtert werden“, beklagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken. Die Polizei beschränke sich bei solchen Einsätzen jedoch viel zu oft auf die reine Verkehrslenkung.