Kurswechsel gefordert Regierung bei Rente unter Druck

Berlin (dpa) - Mit Warnungen vor steigender Altersarmut machen die Gewerkschaften weiter Front für ein radikales Umsteuern in der Rentenpolitik. Sie begrüßten die Pläne von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) gegen einen Verfall des Rentenniveaus, sehen sie aber als ungenügend an.

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Die Arbeitgeber warnten hingegen vor einem Angriff auf Beitrags- und Steuerzahler.

„Was wir brauchen, das ist ein echter Kurswechsel“, sagte der Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Rund elf Millionen Arbeitnehmern drohten künftig Minirenten. „Das bedroht den Zusammenhalt der Gesellschaft.“

Nahles hatte im November ein Konzept vorgelegt, nach dem das Rentenniveau bis 2045 nicht unter 46 Prozent, möglichst sogar nicht unter 48 Prozent sinken soll.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wertete das auch als Ergebnis seines Eintretens für höhere Renten. „Unsere Rentenkampagne hat schon Wirkung gezeigt“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann der dpa. Nötig sei aber ein Rentenniveau von 48, in einem weiteren Schritt von etwa 50 Prozent. Das Rentenniveau beschreibt den Abstand der Rente zu den Löhnen.

Bsirske begrüßte, „dass Frau Nahles im Grundsatz vom alleinigen Paradigma der Beitragssatzstabilität abkehrt“. Das herrschende Rentenparadigma besage, die Beiträge dürften nicht steigen, das Rentenniveau aber dürfe sinken. Nötig seien deutlich mehr Steuergeld für die Rente und eine Anhebung des Beitragssatzes über die bisher festgeschriebene Grenze. Sie liegt bis 2030 bei 22 Prozent.

Die Arbeitgeber warfen Nahles und der SPD dagegen geplante massive Beitragslasten vor. „Erwirtschaften geht vor Verteilen“, mahnte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Nötig seien gute Bedingungen für mehr Beschäftigung. „Das bedeutet eine höhere Erwerbstätigkeit der Frauen, eine flexible Altersgrenze und Zuwanderung dort, wo wir Fachkräftemangel haben“, sagte Kramer der Deutschen Presse-Agentur.

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall warf Nahles vor, keinen fairen Ausgleich zwischen den Generationen schaffen zu wollen. Präsident Rainer Dulger sprach von „Angriffen auf die Beitrags- und die Steuerzahler“. Dulger sagte der dpa, man dürfe „nicht immer noch mehr Beiträge von den aktiv Beschäftigten abrufen und an eine Rentnergeneration bezahlen, die die bestversorgte aller Zeiten“ sei. Das Renteneintrittsalter müsse an die Lebenserwartung angepasst werden.

Auch der CDU-Wirtschaftsrat forderte diesen Schritt. Um das Rentensystem abzusichern, müsse das steigende Lebensalter mit der Lebensarbeitszeit gekoppelt werden, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger der dpa. Das würde bedeuten, dass die Menschen in der Regel länger arbeiten müssen. Die Linken forderten einen verstärkten Kampf gegen Altersarmut.

Die Verbraucherzentralen traten für ein neues Angebot der privaten Altersvorsorge für alle Arbeitnehmer ein. Die von Banken und Sparkassen angebotenen Produkte der Riester-Rente seien häufig zu teuer, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der dpa. Stattdessen solle der Staat den Rahmen für „ein einfaches, klares, kostengünstiges Standardprodukt“ setzen.