Großteil aus dem Westbalkan Zehntausende Asylbewerber freiwillig in Heimat zurückgekehrt

Berlin (dpa) - Rückkehranreize, Abschiebungen, Einreiseverweigerungen an den deutschen Grenzen: Die Behörden von Bund und Ländern haben im Jahr nach dem großen Flüchlings- und Asylbewerberandrang einiges unternommen, um die Migrationssituation zu beherrschen.

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FREIWILLIGE AUSREISEN: Deutschland bewilligte dieses Jahr nach Angaben des Innenministeriums gut 54 000 entsprechende Verfahren für einen Neustart in der Heimat. 2015 gab es 35.4 tatsächliche freiwillige Rückreisen von Asylbewerbern, es handele sich also um eine „erhebliche Steigerung“, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch. Für die nunmehr 54.123 Rückkehrverfahren (Stand 27.12.2016) seien 21,5 Millionen Euro bereitgestellt worden. Zunächst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ (Mittwoch) darüber berichtet.

Ein Großteil der freiwillige zurückreisenden Asylbewerber stammt aus Ländern des Westbalkans und habe nur geringe Chancen auf ein dauerhaftes Bleiberecht gehabt, berichtete die Zeitung unter Verweis auf Schätzungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Menschen hätten Geld vom Staat erhalten und dürften so in vielen Fällen ihrer Abschiebung zuvorgekommen sein. Der Ministeriumssprecher sagte, je früher ein abgelehnter Asylbewerber freiwillig heimgehe, desto höher falle die finanzielle Hilfe aus. Die Mittel des Programms „Starthilfe plus“ sollten 2017 noch einmal etwas erhöht werden und „mit den Zielen der deutschen Entwicklungspolitik einhergehen“.

Der CDU-Innenexperte Armin Schuster warnte davor, dass abgelehnte Asylbewerber die Rückkehrförderung von Bund und Ländern missbrauchen könnten. Dies dürfe „nicht zum Geschäftsmodell werden“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Migranten mit geringen Aussichten auf Asyl sollten gar nicht erst nach Deutschland einreisen können. „Es ist ökonomisch unklug, Asylbewerber, deren Asylantrag aller Wahrscheinlichkeit nach abgelehnt wird, einreisen zu lassen, um ihnen nach Bearbeitung ihres Antrags Geld für die Rückreise in die Hand zu drücken.“

Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka forderte indes, die Möglichkeiten zur freiwilligen Rückkehr weiterzuentwickeln. „Wir sollten dieses Instrument ausbauen, da die Organisation der freiwilligen Rückkehr unterm Strich weniger aufwendig ist als polizeibegleitete Abschiebeflüge.“ Wer beim Neustart in seinem Heimatland gefördert werde, habe keinen Anlass zur erneuten Ausreise.

ABSCHIEBUNGEN: Die Anzahl der Abschiebungen liegt laut „Süddeutscher Zeitung“ mit geschätzt 25.000 in diesem Jahr nicht einmal halb so hoch wie die der freiwilligen Rückreisen. Wie „Die Welt“ in der vergangenen Woche unter Berufung auf das Bundesinnenministerium berichtet hatte, wurden im gesamten Vorjahr 20 888 Abschiebungen gezählt.

Die CSU fordert nun finanzielle Nachteile für Bundesländer, die zu wenig abschieben. „Wenn sich bestimmte Länder weiterhin weigern, geltendes Recht zu vollziehen, ist die Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingskosten gegenüber diesen Ländern zu kürzen“, zitiert die „Passauer Neue Presse“ (Mittwoch) aus einem Papier der Landesgruppe im Bundestag, über das bei der Klausur Anfang Januar entschieden werden soll. Mangelnder Vollzug gefährde nicht nur die Akzeptanz des Rechtsstaats, sondern sei auch Anreiz für Menschen, gezielt nach Deutschland zu kommen

ZURÜCKWEISUNGEN: Die Polizei verweigerte nach einem Bericht der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ an den deutschen Außengrenzen in diesem Jahr etwa 20.000 Flüchtlingen die Einreise. Damit habe sich die Zahl der Zurückweisungen an den Landesgrenzen, Flughäfen und Seehäfen im Vergleich zum Vorjahr weit mehr als verdoppelt, schreibt das Blatt unter Berufung auf Zahlen der Bundespolizei. Von Januar bis Ende November durften demnach 19 720 Menschen nicht nach Deutschland einreisen. 2015 war 8913 Migranten die Einreise verweigert worden.

Im September 2015 hatte die Bundesregierung auf dem Höhepunkt des Flüchtlingsandrangs wieder Grenzkontrollen eingeführt. In der Tendenz sind die Zurückweisungen dem Bericht zufolge stark rückläufig - wie auch die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge. Das hänge auch damit zusammen, dass die Bundespolizei seit Jahresmitte Kontrollen nur noch an der Grenze zu Österreich durchführt. Bis November seien hier 15 019 Menschen und damit 76 Prozent aller Flüchtlinge abgewiesen worden. Die größte Gruppe sind afghanische Staatsbürger (3695), es folgen 2142 Syrer, 1794 Iraker und 1237 Nigerianer.