Rente mit 63 wird teurer als erwartet
Langjährig Versicherte können seit Sommer früher in Ruhestand gehen — ohne Abschläge. Die Möglichkeit wird rege genutzt.
Berlin. Die abschlagsfreie Rente mit 63 wird zumindest im ersten Jahr nach ihrer Einführung teurer als geplant. Nach Darstellung des Bundesarbeitsministeriums um Ministerin Andrea Nahles (SPD) handelt es sich nur um marginale Veränderungen. Wahr ist aber, dass die im Gesetz enthaltenen Kosten eine Schönrechnung waren.
Die abschlagsfreie Rente mit 63 erfreut sich reger Beliebtheit. Bis Ende Oktober gingen 163.000 Anträge ein. Aktuell sind 110.000 bearbeitet und fast komplett bewilligt. Im Ministerium hatte man mit maximal 200.000 Fällen gerechnet — bis Mitte 2015. Später wurde die Zahl auf 240.000 nach oben korrigiert, weil man auch freiwillig Versicherte einbezog. Macht zusätzlich 40.000 Personen.
Nach Prognosen der Rentenversicherung summieren sich die Kosten für die abschlagsfreie Rente mit 63 wegen der regen Nachfrage deshalb allein in diesem Jahr auf insgesamt knapp 1,5 Milliarden Euro. Im Gesetz sind aber nur 900 Millionen Euro ausgewiesen. Hier würden jedoch „Äpfel mit Birnen“ verglichen, hieß es gestern in einer Stellungnahme des Arbeitsministeriums. Die 900 Millionen seien von Anfang an nur für die Mehrausgaben bei den Renten veranschlagt gewesen. Hinzu kämen Beitragsausfälle durch den früheren Renteneintritt der 63-Jährigen, auf die „klar und deutlich“ hingewiesen worden sei.
Am Ende räumte das Ministerium auch ein, „dass es in diesem und im nächsten Jahr durch Vorzieheffekte in der Tat eine leicht erhöhte Zahl von Zugängen in die Rente mit 63 geben wird“. Hintergrund: Die Regierung hatte die Zahl jener Interessenten unterschätzt, die zwar älter als 63 sind und die Anspruchsvoraussetzung von 45 Versicherungsjahren erfüllen, aber erst mit 65 abschlagsfrei in Rente gegangen wären, wie es dem bislang geltenden Recht entsprach. Nun gehen viele wegen der Neuregelung doch sofort in den Ruhestand. Nach Einschätzung des Ministeriums handelt es sich aber um eine „überschaubare Größe“. Die Mehrkosten werden mit 100 Millionen Euro beziffert. Kritik kam von den Grünen, die das Vorgehen der Regierung als „Salamitaktik“ betitelten.