Riskante Rüstungsprojekte könnten Milliarden schlucken
Berlin (dpa) - Verteidigungspolitiker aus Koalition und Opposition sehen bei den laufenden Rüstungsprojekten der Bundeswehr Risiken in Milliardenhöhe.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Hans-Peter Bartels, nannte den Kampfjet „Eurofighter“, das Raketenabwehrsystem Meads, den Hubschrauber NH90 und das Aufklärungssystem „Isis“ aus der Skandal-Drohne „Euro Hawk“ als Problemfälle.
„Es gibt tatsächlich Risiken in Höhe von mehreren Milliarden Euro“, sagte der SPD-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. „Wir brauchen in den nächsten Monaten Richtungsentscheidungen.“ Der Grünen-Haushaltsexperte Tobias Lindner schätzte die Risiken in der „Bild“-Zeitung auf drei Milliarden Euro.
Am Mittwoch hatte im Verteidigungsministerium eine Spitzenrunde zur Überprüfung der 15 größten Rüstungsprojekte getagt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte die Statusberichte aber nicht abgenommen, weil sie ihr unzureichend erschienen. Als Konsequenz will sie nun eine Unternehmensberatung mit der Überprüfung des Rüstungssektors beauftragen. Die beiden für Rüstung zuständigen Spitzenbeamten verlieren ihre Posten.
Bartels nannte unter anderem drohende Mehrkosten in Höhe von 500 Millionen Euro bei der Beschaffung von 18 NH90-Hubschraubern für die Marine und mögliche Ausgleichszahlungen im hohen dreistelligen Millionenbereich für die Reduzierung der Stückzahl beim Kampfjet „Eurofighter“.
Zudem sei unklar, was aus dem Raketenabwehrsystem Meads wird, in dessen Entwicklung die Bundesregierung bereits fast eine Milliarde Euro gesteckt hat. Auch die Weiterverwendung des 288 Millionen teuren Isis-Systems aus dem „Euro Hawk“ in einem anderen Flugzeug ist noch offen.
Das Verteidigungsministerium veröffentlichte am Freitag auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion eine Liste mit Kostensteigerungen und Verzögerungen bei wichtigen Rüstungsprojekten. Danach wurde beispielsweise der erste Transporthubschrauber NH90 im vergangenen November fast zehn Jahre später ausgeliefert als ursprünglich geplant. Der erste vollwertige Kampfhubschrauber „Tiger“ 2010 war mit siebeneinhalb Jahren Verzögerung einsatzfähig. Die Produktion des Transportflugzeugs A400M ist vier Jahre im Verzug.
Der Stückpreis für 350 Schützenpanzer „Puma“ hat sich wegen einer Reduzierung der Bestellung und technischer Nachbesserungen innerhalb von zehn Jahren von 6,5 auf 9,9 Millionen Euro erhöht. Beim A400M erhöhte sich der Stückpreis im Laufe der Jahre von 124,8 auf 175,3 Millionen Euro.
Die Kostensteigerungen gehen unter anderem auf die nachträgliche Reduzierung von Stückzahlen, auf die Behebung von Mängeln oder auch auf die Anpassung an neue Vorschriften oder Bedürfnisse der Bundeswehr zurück. Das Ministerium erklärte in seiner Antwort auf die Anfrage zu den Kostensteigerungen: „Gerade bei technologisch fordernden Projekten bestätigen sich Annahmen, die im Zuge der Planung getroffen wurden, im tatsächlichen Projektverlauf nicht immer.“
Die Linke sprach von einem leichtsinnigen Umgang mit Steuergeldern „in skandalöser Größenordnung“. Verteidigungsexperte Alexander Neu sieht auch Risiken für die Verteidigungsministerin. „Ministerin von der Leyen wird das Ministerium vollständig vom Kopf auf die Füße stellen müssen, um nicht selbst über einen Rüstungsskandal ins Stolpern zu geraten“, sagte er.