Scharfe Kritik an Bildungspaket

450 von 700 Millionen Euro wurden nicht abgerufen.

Neuss. Schleppend ist die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaktes im vergangenen Jahr angelaufen: Nur wenige Anträge für die Kostenerstattung von Schulmittagessen und Musikunterricht, Nachhilfe oder Klassenfahrten wurden gestellt.

Am Mittwoch nannte Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes, das entsprechende Gesetz einen „ausgewachsenen Skandal“.

450 von 700 Millionen Euro seien 2011 „konservativ geschätzt“ bundesweit nicht abgerufen worden. Das Geld fließe nun in die Haushalte der Städte und Kreise. Zudem überstiegen die Verwaltungskosten die Summe dessen, was bei den Kindern angekommen sei.

Nach Meinung des Kinderschutzbund-Chefs, der als Sachverständiger beim Gesetzgebungsverfahren beteiligt war, tragen „überbordende Bürokratie und unnötige Antragsverfahren“ dazu bei, dass ein Großteil des Geldes nicht bei den Kindern lande. Er verwies darauf, dass laut Gesetz direkte Leistungen auch pauschaliert und ohne Anträge gewährt werden können. Das nutzen allerdings nur die wenigsten Städte. Hilgers nannte Hamburg und Lübeck als Vorzeigekommunen.

„Hamburg verlangt keine Anträge. Hier wird alles über Kitas, Schulen und Sportvereine abgewickelt. In Lübeck ist es noch besser: Die gesamte Umsetzung obliegt einer Stiftung, dem Bildungsfonds.“ Ein wesentlich höherer Wirkungsgrad sei die Folge.

Generell schlecht laufe die Umsetzung auch in NRW. Hilgers äußerte seine Kritik am Mittwoch im Rhein-Kreis Neuss, wo 2011 3 Millionen Euro, deutlich mehr als die Hälfte der zur Verfügung stehenden Mittel, nicht abgerufen wurden. Das Geld landete im Kreishaushalt.

Einen falschen Anreiz nannte Hilgers die Tatsache, dass der Bund nicht darauf bestanden habe, übriggebliebene Mittel nicht im Sinne des Gesetzes zu verwenden. Das motiviere Kreise und kreisfreie Städte, durch hohe Hürden möglichst wenig Geld abfließen zu lassen.

Hilgers appellierte nachdrücklich, die Möglichkeiten des Gesetzes zu nutzen und bürokratische Hemmnisse abzubauen. „Derzeit ist das Bildungs- und Teilhabepaket nur eine gigantische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.“