SPD-Machtwechsel am Sonntag Schulz-Effekt? Merkel gibt sich cool

Berlin (dpa) - Vor der Kür von Martin Schulz zum SPD-Vorsitzenden hat sich Kanzlerin Angela Merkel demonstrativ gelassen gezeigt. Der Schulz-Hype und der Sprung der SPD in den Umfragen mache sie nicht nervös.

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„Wettbewerb belebt das Geschäft“, sagte die CDU-Chefin der „Saarbrücker Zeitung“. An diesem Sonntag soll der 61-jährige Schulz bei einem Sonderparteitag der SPD zum Nachfolger von Sigmar Gabriel gewählt werden.

Gabriel - inzwischen Außenminister - führte siebeneinhalb Jahre die SPD. Ende Januar verzichtete er auf Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz zugunsten des populären früheren EU-Parlamentspräsidenten Schulz.

Zum Parteitag werden mehr als 3000 Gäste erwartet, darunter 500 Journalisten. Agenda-Macher Gerhard Schröder bleibt der Krönungsmesse von Schulz fern. Der Altkanzler ist im Ausland unterwegs. In der SPD sind sie darüber nicht unglücklich. Schulz soll allein im Mittelpunkt stehen. Mit Schröders Anwesenheit wäre die Debatte um die von Schulz angekündigten Korrekturen am Hartz-IV-Reformpaket mit in den Vordergrund gerückt. Schulz will bei einem Wahlsieg Agenda-„Fehler“ korrigieren und länger Arbeitslosengeld auszahlen.

Die Sozialdemokraten hoffen, dass der Rummel um Schulz sich bei der Landtagswahl im Saarland am übernächsten Sonntag (26. März) in Stimmen auszahlt. Dort liefern sich CDU und SPD wie auf Bundesebene ein spannendes Rennen.

Eine Umfrage für die ARD-„Tagesthemen“ sehen CDU (35 Prozent) und SPD (34 Prozent) an der Saar nahezu gleich stark. In einem am Freitag veröffentlichten ZDF-„Politbarometer Extra“ liegt dagegen die CDU mit 37 Prozent klar vor der SPD mit 32 Prozent. Die Linke käme auf 12 Prozent. Grüne und FDP (jeweils 4 Prozent) würden den Einzug in den Landtag verfehlen. Die AfD wird bei 7 Prozent gesehen. Damit wäre eine Fortsetzung der von der CDU angeführten großen Koalition möglich. Offen ist, ob es zum ersten Mal in einem westdeutschen Flächenland für ein rot-rotes Bündnis aus SPD und Linken reichen könnte.

Nach der Bundestagswahl im September rechnet Kanzlerin Merkel damit, dass die Union mehrere Koalitionsoptionen haben wird. Das sei anders als noch vor 20 Jahren, „und darüber bin ich froh“, sagte sie. „Wir haben im Grundsatz die Möglichkeit, mit der FDP zusammenzuarbeiten, es gibt Länder, in denen wir mit den Grünen koalieren, und wir haben große Koalitionen.“

Schulz wies die Forderung der Jusos zurück, eine Fortsetzung der großen Koalition nach der Bundestagswahl auszuschließen. „Wer mit uns koalieren will, ist herzlich eingeladen, nach der Wahl auf uns zuzukommen. Einzig ein Bündnis mit der AfD schließe ich aus“, sagte er der „Rheinischen Post“. Sollte die SPD hinter der Union landen, könnte Rot-Rot-Grün die einzige mögliche Machtoption für Schulz werden.

Die Spitzenkandidatin der Linken, Sahra Wagenknecht, stellt aber Bedingungen. „Hartz IV heißt Absturz in die Armut, und die Angst davor hat prekäre Jobs und niedrige Löhne wesentlich befördert“, sagte Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur. „Wer das nicht verändert, kann dieses Land nicht gerechter machen. Deshalb ist das für die Linke auf jeden Fall eine Bedingung.“ Das Schulz-Hoch der SPD beruhe auf dem Prinzip Hoffnung.

In den Ländern hat die SPD in Umfragen aber überall stark zugelegt, seit Schulz Ende Januar als Kanzlerkandidat nominiert wurde. In Nordrhein-Westfalen, wo am 14. Mai gewählt wird, erreichen die Sozialdemokraten nach einer Forsa-Umfrage derzeit 40 Prozent. Da die Grünen aber nur noch mit sechs Prozent rechnen können, hätte die regierende rot-grüne Koalition keine Mehrheit mehr. Möglich wäre aber neben einer großen Koalition auch ein sozialliberales Bündnis. Laut Forsa ist die FDP mit 11 Prozent nach der CDU mit 26 Prozent aktuell drittstärkste Kraft in NRW.