Sechs Jahre bis zum Studium
Yannic Blum will Arzt werden. Aber ohne Top-Abitur sind die Chancen schlecht — er muss lange warten.
Düsseldorf/Hannover. Seit sechs Jahren wartet Yannic Blum auf seinen Traumjob. Besser gesagt, auf die Chance, seinen Traumjob Arzt ergreifen zu dürfen. Mittlerweile ist klar: Er wird noch länger warten müssen, obwohl Experten vor einem drohenden Ärztemangel warnen. Sein Problem: Blum will Medizin studieren, ohne einen Top-Abischnitt zu haben.
2004 hatte der heute 28-Jährige sein Abitur gemacht. Damals war ihm noch nicht klar, was er werden will. „Ich dachte: Mach’ einfach dein Abi, die Noten sind doch zweitrangig.“ Blum bestand das Abi mit einem Schnitt im Dreier-Bereich und begann seinen Zivildienst im Krankenhaus.
Danach änderte sich vieles. „Mir wurde klar, dass ich sehr gern als Arzt arbeiten würde. Aber bei dem Abi?“ Er entschied sich daher für ein Studium der Geschichte und Linguistik — und brach es nach zwei Semestern ab. „Das war nichts für mich.“
Blum informierte sich ausführlicher über das Medizinstudium und erfuhr, dass er damals nach zirka sieben Wartesemestern hätte anfangen dürfen. Also machte er eine Ausbildung zum Krankenpfleger. „Die Rechnung war einfach: Erstens passt es genau in meinen Berufswunsch und zweitens würde ich nach drei Jahren Ausbildung und einem Jahr Zivildienst acht Wartesemester haben. Das reicht.“ Dachte er.
Doch als Yannic Blum 2009 fertig war, erfuhr er, dass acht Wartesemester nicht mehr reichen. Weil sich die Zahl der Bewerber erhöht hatte, stieg auch die Zahl derer, die über die Warteliste nachrücken. Also arbeitete er als Krankenpfleger. Nebenher las er Fachliteratur, bildete sich in Kursen fort — alles für das Berufsziel Arzt, aber bisher vergebens. „Das ist doch unglaublich, dass das alles niemanden interessiert.“
Zwar dürfen die Unis mittlerweile 60 Prozent der Medizinstudenten in einem eigenen Auswahlverfahren rekrutieren und dabei auch Aspekte wie fachspezifische Berufserfahrung berücksichtigen, doch das tun bei weitem nicht alle. An der Uni Düsseldorf zählt beispielsweise allein der Notenschnitt beim Abitur.
Und auch bei den Hochschulen, bei denen auch andere Kriterien zählen, muss das Abitur im Vordergrund stehen. Beispiel: „Eine Uni hat mir 50 Bonuspunkte für die dreijährige Ausbildung zum Krankenpfleger angerechnet. Wer aber Biologie oder Chemie als Prüfungsfach im Abitur hatte, bekommt dafür 30 Punkte. Das steht doch in keinem Verhältnis.“
Fünf Jahre Berufserfahrung hat Yannic Blum nun, seit sechs Jahren wartet er. Andere schließen in dieser Zeit fast ihr Medizinstudium ab. Yannic Blum wartet weiter — und hofft: auf einen Studienplatz nach 13 Wartesemestern.