Seehofer attackiert CDU nach Kritik an Guttenberg

Berlin/München (dpa) - Die CSU dringt nach der Kritik aus der CDU an Karl-Theodor zu Guttenberg auf ein Machtwort von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

CSU-Chef Horst Seehofer warf Bildungsministerin Annette Schavan und Bundestagspräsident Norbert Lammert vor, sie seien dem früheren Verteidigungsminister in den Rücken gefallen. Er verlangte am Donnerstag, dem Tag des Starts zweier neuer Minister im Bundeskabinett, ein Vier-Augen-Gespräch mit CDU-Chefin Merkel. Die CDU wies den Vorwurf mangelnder Solidarität zurück.

Seehofer warnte die CDU vor weiterer Kritik. „Wir müssen sicherstellen, dass das (...) auch in Zukunft unterbleibt“, sagte er in Berlin. „Dass man einem Kollegen aus den eigenen Reihen, der in Bedrängnis ist und in Schwierigkeiten ist, auch Solidarität in der Öffentlichkeit und auch persönlich zukommen lässt, das glaube ich sollte unbestritten sein in einer politischen Familie.“ Dies sei eine Angelegenheit zwischen Merkel und ihm. „Wir werden darüber reden.“ Er wollte die Kritik der CDU-Spitzenpolitiker aber nicht als Auslöser für den Rücktritt Guttenbergs werten.

Lammert soll die Plagiatsaffäre und den Umgang der Politik damit als „Sargnagel“ für das Vertrauen in die Demokratie bezeichnet haben. Schavan hatte gesagt, sie halte Guttenbergs Vorgehen bei seiner Doktorarbeit nicht für eine Lappalie und schäme sich als Wissenschaftlerin „nicht nur heimlich“. Guttenberg war der Doktortitel entzogen worden. Am Dienstag trat er nach massiver Kritik auch aus der Wissenschaft von allen politischen Ämtern zurück.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich ebenfalls verärgert: „Wenn es in einer solchen Situation wie in der vergangenen Woche keine volle Solidarität allein unter den Kollegen der Bundesregierung gibt, dann ist das einfach schon ein schwaches Bild.“

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wies den Vorwurf mangelnder Solidarität zurück. „Die Unionsparteien haben sich insgesamt sehr solidarisch verhalten“, sagte er der „Rhein-Zeitung“ (Freitag). Gröhe räumte aber ein: „Natürlich spiegeln auch die Äußerungen aus unseren Reihen die Diskussionen und Gefühle der letzten Tage wider.“

FDP-Generalsekretär Christian Lindner zeigte im Deutschlandfunk Unverständnis: „Die Kritik umzukehren von Karl-Theodor zu Guttenberg in Richtung von beispielsweise Frau Schavan (...), das halte ich doch für - um es vorsichtig auszudrücken - für gewagt.“

Seehofer gab Merkel keine direkte Mitschuld. Auf die Frage, ob Merkel vorab die kritischen Äußerungen Schavans gekannt habe, sagte er: „Ich bin sicher, dass es nicht so war.“ Auch Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) nahm Merkel im Bayerischen Rundfunk von Kritik aus. Sie habe sich „in der ganzen Frage glaubwürdig und honorig“ verhalten.

Seehofer lobte Guttenberg: „Er gehört fraglos zu den genialsten Köpfen, die wir jemals hatten und haben.“ Er hält ihn nach einer Auszeit für einen möglichen Nachfolger als CSU-Chef oder bayerischer Ministerpräsident. „Ich kann mir alles vorstellen“, sagte Seehofer auf eine entsprechende Frage.

Der Streit platzte in den Start des neuen Verteidigungsministers Thomas de Maizière und des neuen Innenministers Hans-Peter Friedrich. Ein Nachfolger für Friedrich an der Spitze der CSU im Bundestag war zunächst offen. Spekuliert wurde über den Geschäftsführer der Landesgruppe, Stefan Müller (35), oder CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt (40). Seehofer sagte: Die Landesgruppe „sucht sich im allgemeinen ihre eigene Organisation und ihre Person“. Der Nachfolger muss allerdings auch mit Seehofer abgestimmt sein.