Keine Schonzeit für neuen Innenminister Friedrich
Berlin (dpa) - Keine Schonzeit für den neuen Innenminister: Direkt nach seinem Amtsantritt musste sich Hans-Peter Friedrich (CSU) mit dem tödlichen Anschlag auf US-Soldaten am Frankfurter Flughafen beschäftigen, den wohl ein Islamist verübt hat.
Eine Anhebung der bundesweiten Sicherheitsstufe hielt Friedrich am Donnerstag aber nicht für nötig. Die Zukunft der umstrittenen Polizeireform mit einer möglichen Zusammenlegung von Bundeskriminalamt (BKA) und Bundespolizei ließ er offen. Im Dauerkonflikt mit der FDP um die Speicherung von Telefon- und Internetdaten strebt Friedrich eine rasche Lösung an. Kritik der Opposition erntete der CSU-Mann bereits für Äußerungen zum Islam.
Friedrich wiederholte seine Kritik an der Aussage von Bundespräsident Christian Wulff, der 20010 in seiner Rede zum Tag der deutschen Einheit gesagt hatte, auch der Islam gehöre zu Deutschland. „Ich habe keinen Grund, meine Auffassung von damals zu verändern“, sagte der bisherige CSU-Landesgruppenchef. Die in der Bundesrepublik lebenden Menschen islamischen Glaubens gehörten natürlich zu Deutschland. „Aber dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt.“
Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck entgegnete via Handelsblatt Online: „Dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich aus der Realität ergibt.“ Der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff zeigte sich überrascht. „Diese Aussage (Friedrichs) ist für den interkulturellen Austausch ein eher schlechter Start.“ Der bayerische SPD-Landesgruppenchef Martin Burkert forderte Friedrich auf, seine Aussage zurückzunehmen. „Aufgabe des Bundesinnenministers, der gleichzeitig auch Integrationsbeauftragter ist und die Islamkonferenz ausrichtet, ist es, zu integrieren und nicht auszugrenzen“, sagte Burkert der „Mittelbayerischen Zeitung“ (Freitag).
Friedrich verurteilte den Anschlag eines Kosovo-Albaners vom Mittwoch am Flughafen Frankfurt, bei dem zwei US-Soldaten erschossen und zwei weitere schwer verletzt wurden. Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen einer „islamistisch motivierten Tat“ gegen den Mann, bei dem es sich den Anzeichen nach um einen Einzeltäter handelt. Friedrichs Vorgänger im Amt, der jetzige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), hatte die Sicherheitsmaßnahmen wegen drohender Anschläge im Herbst bundesweit verstärkt. Anfang Februar gab er zwar keine Entwarnung, fuhr die Polizeipräsenz aber zurück.
Zum Thema Polizeireform sagte Friedrich, er werde „zu gegebener Zeit über den weiteren Fortgang der Dinge entscheiden“. Im Herbst hatte die Expertenkommission eine Fusion von BKA und Bundespolizei zu einer neuen Super-Polizei vorgeschlagen. De Maizière erklärte damals, er finde die Vorschläge gut und wolle sie prüfen. Aus der CSU kamen zu den Fusionsüberlegungen zuletzt äußerst kritische Stimmen.
Über die Vorratsdatenspeicherung will Friedrich bald mit Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) reden. Die Ermittler müssten in die Lage versetzt werden, effizient das Instrumentarium zu nutzen, was zur Terrorbekämpfung möglich sei. Die Justizministerin hatte Eckpunkte für eine Neuregelung vorgelegt, die von Unionspolitikern als unzureichend kritisiert worden waren. Das Bundesverfassungsgericht hatte im März 2010 die bis dahin geltende Regelung verworfen.
Auch die Zukunft der Internetsperren ließ Friedrich offen. Nach einer Vereinbarung von Union und FDP soll ein Jahr lang versucht werden, die Seiten zu löschen und nicht zu sperren. Die FDP ist für das Löschen. De Maizière hatte sich - wie andere Unionspolitiker - dafür ausgesprochen, das Löschen und das Sperren zu verfolgen.
Die CSU bekommt nach Ansicht von Parteichef Horst Seehofer mit dem Innenministerposten mehr Gewicht in der Bundesregierung. „Die CSU sitzt jetzt mit dem Bundesinnenminister wieder in der ersten Reihe der Regierungsbank“, sagte er. Mit Friedrich besetzt die CSU zum dritten Mal das Amt des Bundesinnenministers. Vorgänger waren Hermann Höcherl (1961 bis 1965) und Friedrich Zimmermann (1982 bis 1989).
Der innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stephan Mayer, betonte, die innere Sicherheit werde ein „Markenkern“ der CSU bleiben. „Eine deutliche Annäherung an bisherige Positionen der FDP insbesondere bei der Vorratsdatenspeicherung oder auch beim Thema Netzsperren erwarte ich nicht.“