Sondierungsgespräche: Jamaika vor der größten Hürde

Am Donnerstag stehen Sondierungen zu den Themen Flüchtlinge, Umwelt und Bildung an. Union, FDP und Grüne liegen hier weit auseinander.

Ein Streitpunkt: Für die FDP ist Bildungdie Top-Aufgabe.

Foto: Caroline Seidel

Berlin. Nach der Einigung über Grundsätze der künftigen Finanzpolitik stehen die Unterhändler der geplanten Jamaika-Koalition heute vor ihrer wohl größten Hürde. Flüchtlinge, Umwelt und Bildung sind die Themen; und da liegen Union, FDP und Grüne teilweise meilenweit auseinander.

Beim Thema Flüchtlinge schwebt die alte Drohung der CSU über dem Treffen, ohne eine „Obergrenze“ keinen Koalitionsvertrag zu unterschreiben. Vor zwei Wochen hatten sich Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) geeinigt, dass künftig nicht mehr als 200 000 Menschen pro Jahr nach Deutschland kommen sollen. Für die Union ist das nur schwer verhandelbar. Im letzten Jahr wurde diese Zahl erreicht, in diesem Jahr wird sie deutlich unterschritten. Die anderen Parteien lehnen eine feste Obergrenze als grundgesetzwidrig ab. Freilich hat die Union die Höchstgrenze neuerdings nicht mehr so hart formuliert; sie will sie nicht durch geschlossene Grenzen erreichen, sondern durch politische Maßnahmen auf den Fluchtrouten. Außerdem soll der Bundestag beschließen können, die Zahl im Ausnahmefall zu überschreiten.

Beobachter sehen hier durchaus Kompromissmöglichkeiten, weil das Wort Ober- oder Höchstgrenze im Unionspapier nicht mehr auftaucht. Außerdem ist die Union jetzt bereit, über ein Einwanderungsgesetz zu reden, das FDP und Grüne schon lange fordern. Echt kritisch wird es bei der Frage des Familiennachzugs. Die Union will ihn für einen Teil der Syrien-Flüchtlinge weiter aussetzen, die Grünen dezidiert nicht.

In der Umweltpolitik dürfte sich ein Hauptstreitpunkt um die Kohle drehen. Die Grünen fordern einen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung vehement. Mögliche Lösung: Alle drei Jamaika-Parteien haben sich bisher zu den Klimaschutzzielen Deutschlands bekannt, die allerdings 2020 schon verfehlt werden. Sie könnten nun die Klimaziele für das Jahr 2030 — minus 55 Prozent — bekräftigen, und dazu einen Strauß von technischen und steuerlichen Maßnahmen beschließen. Inklusive einer Kohle-Komponente. Das von den Grünen geforderte feste Enddatum für die Zulassung von Verbrennungsmotoren ist ebenfalls ein Streitpunkt — ein Kompromiss könnte in einem Fahrplan für die Umstellung auf Elektromobilität liegen.

In der Bildung fordern FDP wie Grüne, dass das Kooperationsverbot im Grundgesetz fallen soll, damit der Bund den Ländern stärker mit Geld unter die Arme greifen kann. Hier wird seitens der Union ein Einlenken nötig sein — für die FDP ist die Bildung die Top-Aufgabe schlechthin.