SPD fordert Rüge für de Maizière wegen „Euro Hawk“
Berlin (dpa) - Die SPD hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) aufgefordert, Verteidigungsminister Thomas de Maizière wegen seiner Informationspolitik in der „Euro Hawk“-Affäre zu rügen.
In einem Brief an Lammert warf Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann dem Minister vor, Fragen von Parlamentariern nicht fristgerecht beantwortet zu haben. „Diese Fragen nicht zu beantworten ist ein grober Verstoß gegen zwingende Vorschriften in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages“, schrieb er. Von Lammert war zunächst keine Stellungnahme dazu zu erhalten.
Die SPD hatte 21 Einzelfragen an de Maizière gestellt, die laut Geschäftsordnung innerhalb von einer Woche beantwortet werden müssen. Das ist laut SPD nicht geschehen. „Das Verhalten des Verteidigungsministers ist Ausdruck einer groben Missachtung des Parlaments“, schrieb Oppermann in dem Brief, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt und aus dem auch der „Kölner Stadtanzeiger“ zitierte. Lammert müsse darauf hinwirken, dass die Fragen unverzüglich beantwortet werden.
De Maizière hatte das Beschaffungsprogramm für die Aufklärungsdrohne vor gut zwei Wochen wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion gestoppt. Seinen Bericht dazu will er am 5. Juni dem Verteidigungsausschuss und dem Haushaltsausschuss des Bundestags präsentieren.
Den zuständigen Berichterstattern im Haushaltsausschuss hat der Minister bereits umfangreiches Material zu dem gescheiterten Drohnen-Projekt vorgelegt. Eine CD mit bis zu neun Jahre alten Dokumenten sei am Dienstag bei den zuständigen Berichterstattern des Haushaltsausschusses aus allen fünf Fraktionen eingegangen, sagte der FDP-Politiker Jürgen Koppelin der dpa. „Das Material ist so umfangreich, dass mein Büro von morgens um elf bis nachmittags um zwei ausgedruckt hat.“
Das älteste Dokument stammt aus dem April 2004, also noch aus der Zeit der rot-grünen Regierung, die das „Euro Hawk“-Projekt in die Wege geleitet hatte. „Koalition und Opposition sollten nun gründlich und ohne Hektik diese Dokumente sichten und bewerten“, hieß es in einer Pressemitteilung Koppelins. „Vorschnelle Kommentierungen und Vorwürfe gegen den Bundesverteidigungsminister sind völlig unangebracht.“
Die Bundeskabinett stellte sich trotz des „Euro Hawk“-Debakels hinter die Pläne de Maizières (CDU) zur Beschaffung weiterer Drohnen für die Bundeswehr. Die Ministerrunde beschloss am Mittwoch eine Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der SPD-Fraktion, die trotz des „Euro Hawk“-Debakels den Kauf von bis zu 16 unbemannten Flugzeugen für mittlere Flughöhen vorsieht. Diese können bei Bedarf auch bewaffnet werden. Die Entscheidung über die Aufrüstung der Bundeswehr mit Kampfdrohnen soll aber erst nach der Bundestagswahl im September fallen.
Unterstützung erhielt de Maizière auch von Unions-Fraktionschef Volker Kauder. „Thomas de Maizière wird in der kommenden Woche die Vorgänge aufklären und er wird Verteidigungsminister bleiben“, sagte der CDU-Politiker der „Schwäbischen Zeitung“ (Freitag). „Er arbeitet gewissenhaft und stellt sich ganz in den Dienst des Staates.“