SPD-Nachwuchs gibt Sigmar Gabriel einen Korb
Der Koalitions-Countdown läuft: In der Nacht zum Freitag endet die Abgabefrist für das SPD-Mitgliedervotum. Der SPD-Nachwuchs hadert wbenso wie der CDU-Wirtschaftsflügel mit der großen Koalition.
Berlin (dpa). Wenige Tage vor Ablauf des SPD-Mitgliedervotums machen die Jusos und der CDU-Wirtschaftsflügel Front gegen eine große Koalition.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag Null-Uhr endet die Frist für die Befragung der rund 475 000 SPD-Mitglieder. Bei der CDU entscheidet an diesem Montag ein kleiner Parteitag. Vertreter des CDU-Wirtschaftsflügels signalisieren die Ablehnung des mit der SPD ausgehandelten Vertrages. Dennoch rechnet CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe mit einer breiten Zustimmung der insgesamt 181 Delegierten.
Auf dem Juso-Bundeskongress in Nürnberg lehnte am Samstag eine breite Mehrheit des SPD-Nachwuchses trotz eindringlichen Werbens von SPD-Chef Sigmar Gabriel den Koalitionsvertrag ab. Die neue Juso-Chefin Johanna Uekermann sagte, wesentliche Punkte, für die auch die Jusos im Wahlkampf gekämpft hätten, seien nicht enthalten. Dazu gehöre die Bafög-Reform, Projekte gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa wie auch Steuererhöhungen für eine bessere Bildung und mehr Infrastruktur in den Kommunen.
Die 26-Jährige sprach sich für eine Regierungsperspektive mit Grünen und Linkspartei aus. Gabriel hielt dagegen: „„Die Ablehnung des Koalitionsvertrags bringt nicht mehr Gerechtigkeit, sondern sie bringt für Millionen Menschen in Deutschland weniger Gerechtigkeit.“ Eine große Koalition sei keine Liebesheirat. „Aber sie ist die jetzt mögliche Regierungsmehrheit in Deutschland. Und sie ist eine Koalition der nüchternen Vernunft.“
Uekermann betonte ausdrücklich, das Nein des SPD-Nachwuchses zum Koalitionsvertrag bedeute „kein Nein für die Parteispitze“. Auf das SPD-Mitgliedervotum selbst hat der Juso-Beschluss keine bindende Wirkung. Alle SPD-Mitglieder unter 35 können nach dem SPD-Status bei den Jungsozialisten mitarbeiten. Eine eigene formale Mitgliedschaft gibt es bei der SPD-Nachwuchsorganisation nicht.
Auch führende Vertreter des CDU-Wirtschaftsflügels signalisierten in der „Bild“-Zeitung (Montag) ihre Ablehnung. Die Vorsitzenden des CDU-Wirtschaftsrats, der CDU-Mittelstandsvereinigung und des CDU-Parlamentskreises Mittelstand, Kurt Lauk, Carsten Linnemann und Christian Freiherr von Stetten kritisierten gemeinsam die Absprachen zu Rente, Mindestlohn, Energiewende und Steuerpolitik. Von Stetten bezeichnete die Rentenversprechen als „Verbrechen an der nächsten Generation“.
Unionsfraktionsvize Michael Fuchs kündigte an, er werde in einer großen Koalition notfalls gegen neue Gesetze stimmen, wenn damit Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt würden. „Ich kann mir das vorstellen, selbstverständlich“, sagte der Wirtschaftspolitiker im Deutschlandfunk.
Dennoch rechnet CDU-Generalsekretär Gröhe mit breiter Zustimmung zum Koalitionsvertrag. Trotz manchen Unmuts in der CDU werde der kleine Parteitag für den Vertrag stimmen, sagte Gröhe der Nachrichtenagentur dpa. Auf die Frage, ob seine Partei einen Plan B für den Fall habe, dass die SPD Nein sage und eine Neuwahl drohe, sagte Gröhe: „Wir haben einen Plan A - das heißt: Anfangen mit der Arbeit.“
Mehr als 50 junge führende CDU-Politiker drängen laut „Welt am Sonntag“ auf eine inhaltliche Neuaufstellung ihrer Partei. Ziel sei es, ab 2017 Mehrheiten ohne die SPD erringen zu können. Dafür müssten heute die Weichen gestellt werden. Die Verabredungen im Vertrag mit der SPD belasteten einseitig die junge Generation.
Nötig sei eine „Agenda 2020“ statt eines weiteren Ausbaus von Sozialleistungen. Zu den Unterzeichnern zählen dem Bericht zufolge Präsidiums- und Bundesvorstandsmitglieder, stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Regierungsmitglieder, Fraktionsvorsitzende und Generalsekretäre aus den Ländern. Keiner von ihnen soll älter als 44 Jahre sein.