SPD-Politiker Egon Bahr gestorben

Berlin (dpa) - Der Architekt der deutschen Ostpolitik, der SPD-Politiker Egon Bahr, ist tot.

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Der frühere Bundesminister und enge Vertraute von SPD-Kanzler Willy Brandt starb am Mittwoch im Alter von 93 Jahren in Berlin, wie ein Parteisprecher am Donnerstag bestätigte. Bundespräsident Joachim Gauck würdigte Bahr als „bedeutenden politischen Akteur der deutschen Nachkriegsgeschichte“.

In einem Brief an die Witwe Adelheid Bahr schrieb Gauck: „Der Lebensweg Ihres Mannes hat gezeigt, dass uns Deutschen Geschichte gelingen kann.“ Als einer der Architekten der bundesdeutschen Ostpolitik habe Bahr das Verhältnis zur DDR, zur Sowjetunion und zu den übrigen Ländern des Warschauer Paktes gestaltet und geprägt.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erklärte, gemeinsam mit Brandt habe Bahr gegen manche Skepsis und Widerstände eine neue Ära der bundesdeutschen Außenpolitik eingeleitet: „Die Wahrung des Friedens war sein politisches Leitmotiv.“

Der gelernte Journalist Bahr und langjährige Bonn-Korrespondent für den Sender Rias fing 1956 als Sprecher beim damaligen Regierenden Berliner Bürgermeister Brandt an. Die beiden wurden enge Freunde.

1963 stellte Bahr sein Konzept „Wandel durch Annäherung“ vor, das ein Grundstein für die Annäherung an die DDR wird. Als Sonderbotschafter des Kanzlers Brandt verhandelte Bahr dann mit Moskau und Warschau über die Verträge zu einem Gewaltverzicht und einer Normalisierung der Beziehungen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, der große Vordenker und Friedenspolitiker Bahr sei stets ein loyaler und unermüdlicher Ratgeber der Partei gewesen. Regelmäßig arbeitete Bahr noch in seinem Büro im Berliner Willy-Brandt-Haus. „Wir werden seine analytische Brillanz, seine Rationalität und Leidenschaft, aber auch sein Temperament und seinen liebenswürdigen Humor sehr vermissen“, betonte Gabriel. „Ich werde Egon auch als Freund und Ratgeber sehr vermissen.“

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bezeichnete Bahr als Vorbild. Nur wenigen Politikern sei es vergönnt, mit einer Idee die Welt zu verändern und noch zu erleben, wie sie Wirklichkeit werde. „Bei Egon Bahr war es so - seine Vorstellungen von einer radikal neuen Ostpolitik und vom „Wandel durch Annäherung“ haben buchstäblich den Lauf der Geschichte verändert und die deutsche und europäische Einigung erst möglich gemacht.“

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte: „Wir trauern um einen aufrechten Sozialdemokraten, engagierten Versöhner und manchmal auch unbequemen Mahner.“ SPD-Altkanzler Helmut Schmidt sagte der „Bild“-Zeitung: „Egon Bahr wird der deutschen Außenpolitik fehlen. Und mir persönlich auch.“

Unter Schmidt, der nach dem Rücktritt von Willy Brandt Kanzler wurde, war Bahr 1974 Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit geworden. Schmidt hob hervor, dass Bahr sich auch in der Ukraine-Krise bis zuletzt um die Beziehungen zu Russland bemüht habe.

So war Bahr vor vier Wochen noch in Moskau und hatte sich dort zusammen mit dem Ex-Sowjetpräsidenten Michail Gorbatschow für ein Ende der Entfremdung zwischen Deutschland und Russland ausgesprochen.

Linksfraktionschef Gregor Gysi erklärte: „Mit Egon Bahr geht ein großer deutscher Politiker. Schon seit 1990 suchte er auch das Gespräch mit meiner Partei, mit mir.“ FDP-Chef Christian Lindner twitterte: „Die neue Ostpolitik war ein Verdienst von Egon Bahr. Die Freien Demokraten trauern um einen großen Mann.“ Auch die Grünen-Chefs Simone Peter und Cem Özdemir teilten mit, sie würden Bahrs Mut und Scharfsinn vermissen: „Er war bis zuletzt mit jeder Faser Politiker.“