SPD-Spitze kritisiert Hartmanns Schweigen in Edathy-Affäre
Berlin (dpa) - Die SPD-Spitze hat die Aussageverweigerung ihres Bundestagsabgeordneten Michael Hartmann im Edathy-Ausschuss als Fehler kritisiert.
„Er hat damit eine Chance vertan, zur weiteren Aufklärung beizutragen“, sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi der Deutschen Presse-Agentur. „Ich hätte mir gewünscht, dass er sich anders entschieden hätte“, betonte die Generalsekretärin. Bisher hatte die SPD-Führung zu Hartmanns Verhalten geschwiegen.
Der Mainzer Bundestagsabgeordnete war von mehreren Zeugen als Quelle genannt worden, die 2013 den damaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy vor Kinderpornografie-Ermittlungen gewarnt habe. Daher steht der Verdacht der Strafvereitelung im Raum. Hartmann hatte im Dezember im Untersuchungsausschuss des Bundestags dementiert, mit Edathy jemals über den Fall gesprochen zu haben.
Nach mehreren belastenden Zeugen hatte Hartmann über seinen Anwalt kurz vor seiner zweiten Aussage im Ausschuss am Donnerstag mitgeteilt, er werde sich nicht weiter äußern. Unter den Zeugen war einer, der sagte, Hartmann habe ihn noch vor Edathy am 15. November 2013 über Kinderpornografie-Ermittlungen informiert, zudem soll Hartmann gesagt haben, dass die SPD-Spitze von der Sache wisse.
Im Schreiben des Anwalts wurde eine Vorverurteilung Hartmanns als Lügner durch Ausschussmitglieder kritisiert. Der rheinland-pfälzische SPD-Chef Roger Lewentz kritisierte Hartmann scharf. „Sein Verhalten irritiert uns und stößt schon vor den Kopf“, sagte Lewentz der Koblenzer „Rhein-Zeitung“. Hartmann habe erst unmissverständlich mitgeteilt, dass er aussagen werde. „Wir waren sehr überrascht, dass er nun einen anderen Weg gewählt hat.“
Selbst aus Reihen des Koalitionspartners, der Union, war Hartmann zum Verzicht auf sein Bundestagsmandat aufgefordert worden. Er will dieses aber behalten, hieß es in der SPD. „Diese ganze Affäre ist für die gesamte Politik eine große Belastung. Deshalb bin ich nicht froh, dass Herr Hartmann sich dazu entschieden hat, die Aussage im Ausschuss zu verweigern, auch wenn ihm dieses Recht natürlich zusteht“, betonte Fahimi. Das sei aber keine SPD-Affäre. Der Untersuchungsausschuss müsse all die Umstände dieser Affäre aufklären. „Alle sollten ihn dabei nach Kräften unterstützen.“
Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel, der vom damaligen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) über den Fall informiert worden war, muss noch im Ausschuss aussagen. Ebenso der von Gabriel eingeweihte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Er hatte in einer Erklärung die Informationskette öffentlich gemacht - Friedrich musste zurücktreten. Die Opposition nimmt vor allem Oppermann ins Visier, sie unterstellt ihm, Hartmann vorgeschickt zu haben, um Edathy zum Mandatsverzicht zu bewegen. Oppermann bestreitet das.
In der „Passauer Neuen Presse“ wollte er sich zu Konsequenzen für Hartmann nicht näher äußern. „Zu schwebenden Verfahren will ich mich nicht äußern. Das müssen der Untersuchungsausschuss und die Staatsanwaltschaft aufklären“, betonte Oppermann.
Edathy hatte im Ausschuss erklärt, Hartmann habe ihn stets über die Ermittlungen auf dem Laufenden gehalten - und dadurch eine Verlagerung des Fokus auf Hartmann herbeigeführt. Am 23. Februar startet in Verden der Strafprozess gegen Edathy. Er soll sich verbotene Kinderpornos im Internet heruntergeladen haben.