Berlin SPD streitet über Rüstungsausgaben
Parteilinke ist gegen zusätzliche Milliarden, Verteidigungsexperten sind dafür.
Berlin. In der SPD bahnt sich ein Konflikt über die künftigen Rüstungsausgaben an. Der linke Flügel bremst. Dagegen halten die Wehrexperten der Partei die Bundeswehr für völlig unzureichend finanziert.
Es war Angela Merkel, die den Stein ins Wasser warf: Deutschland müsse seine Verteidigungsausgaben erheblich erhöhen, meinte die Kanzlerin am Dienstagabend auf dem Wirtschaftstag der CDU. Am Tag darauf bekräftigte sie ihre Forderung mit dem Hinweis, dass das Nato-Ziel, mittelfristig zwei Prozent des jeweiligen Bruttoinlandprodukts der Mitgliedsstaaten für Verteidigung auszugeben, angesichts neuer Bedrohungen "nicht nur auf dem Papier stehen" dürfe. Deutschland gibt derzeit lediglich 1,2 Prozent vom BIP fürs Militär aus.
Beim Koalitionspartner SPD schlugen Merkels Äußerungen hohe Wellen. "Verteidigungsministerin von der Leyen und die Kanzlerin gehen in die falsche Richtung", empörte sich Parteivize Ralf Stegner. Anstatt zusätzliche Milliarden in die Bundeswehr zu stecken, sollte das Geld lieber für Integration und Bildung verwendet werden. Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Christine Lambrecht, lehnte eine "exorbitante Ausweitung" der Militärausgaben ab.
Johannes Kahrs, Sprecher des konservativen "Seeheimer Kreises" in der Partei, sieht das ganz anders. "Alle, die da jetzt reflexhaft drauf springen, auch in meiner Partei, sind keine Haushälter oder Verteidigungspolitiker", sagte Kahrs unserer Zeitung. Zudem habe die SPD bereits höhere Verteidigungsausgaben beschlossen.
Nach der mittelfristigen Finanzplanung, die das Bundeskabinett auch mit Zustimmung der SPD-Minister bereits im Frühjahr verabschiedet hatte, soll der Verteidigungsetat bis 2020 auf 39,2 Milliarden Euro steigen. Das entspricht einer durchschnittlichen Anhebung von 2,5 Milliarden Euro im Jahr. Doch auch das ist nach Einschätzung des verteidigungspolitischen Sprechers der SPD, Rainer Arnold deutlich zu wenig, um den Investitionsstau und die personellen Lücken in der Truppe aufzulösen.
"Natürlich müssen die Streitkräfte das bekommen, was sie für ihre Einsätze brauchen", sagte Arnold unserer Zeitung. "Es gibt jedoch ein erhebliches Defizit sowohl bei militärischem Gerät als auch beim Personalumfang, der viel zu sehr auf Kante genäht ist".
Um diese Mängel zu beheben, müsse der Wehretat pro Jahr um fünf Milliarden Euro erhöht werden. Allein für 2017 seien aber nur 1,7 Milliarden Euro zusätzlich veranschlagt, rechnete Arnold vor. Davon seien aber 70 Prozent schon gebunden. "Daher ist das auch keinesfalls der Einstieg in die Beseitigung der Mängel. Auch die notwendigen fünf Milliarden bedeuten daher keine Aufrüstung.
Allerdings würden wir es damit aber schaffen, die Mängel in den kommenden zehn bis 15 Jahren zu beseitigen", meinte Arnold. Bereits im Frühjahr hatten die Verteidigungspolitiker der SPD in einem Positionspapier die unzureichende Ausstattung der Bundeswehr beklagt und sich gegen starre personelle Obergrenzen für die Truppe ausgesprochen. Stattdessen solle der jeweilige Verteidigungsminister ein "System mit Beinfreiheit" bekommen, heißt es in dem Papier.
Diese Marschrichtung entspricht auch den Vorstellungen der amtierenden Ressortchefin Ursula von der Leyen (CDU). Sie hatte sich für einen "atmenden Personalkörper" bei der Truppe ausgesprochen. Nach diesem Konzept könnte die Bundeswehr je nach aktuellem Bedarf zum Beispiel auf eine Stärke von 200.000 Mann anwachsen - rund 15.000 mehr als jetzt.
Für den finanziellen Mehrbedarf der Bundeswehr will Arnold jetzt auch bei der SPD-Linken werben: "Ich werde meinem Parteifreund Ralf Stegner erläutern, um was es im Kern geht".