SPD-Wahlprogramm rückt Partei nach links

Berlin (dpa) - Kanzlerkandidat Peer Steinbrück preist das Wahlprogramm als Werk von Kandidat und Partei. Entweder ist er nach links gerückt oder die SPD hat ihn nach dem Stolperstart dahin geschoben.

So will die SPD mit deutlichen Korrekturen an der eigenen „Agenda-2010“-Reform in den Bundestagswahlkampf ziehen. Der SPD-Vorstand billigte einstimmig das Programm für die Wahl am 22. September. „Das ist ein Programm des Kandidaten und der Partei“, sagte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. „Vieles in Wirtschaft und Gesellschaft ist aus dem Lot geraten.“

Die SPD fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro und eine bessere Bezahlung für Leiharbeiter. Der Spitzensteuersatz soll auf 49 Prozent steigen.

Die Steuermehreinnahmen sollen vor allem in die Bildung fließen. Zudem will die Partei „den Finanzkapitalismus bändigen“. Aus dem Vorstand verlautete, es habe eine harmonische Debatte gegeben, auch die Parteilinke zeigte sich zufrieden. Neu aufgenommen wurde noch ein Verbot von Nahrungsmittel- und Rohstoffspekulationen.

Das letzte Wort hat ein Bundesparteitag am 14. April in Augsburg. „Diese Bundestagswahl wird auf gesellschaftspolitischen Feldern entschieden“, sagte Steinbrück. Die von Union und FDP verfolgte Idee einer Lohnuntergrenze sei kein Mindestlohn. Die SPD war noch während der großen Koalition gegen einen flächendeckenden Mindestlohn.

Die SPD will im Falle eines Wahlsieges eine Solidarrente von 850 Euro für Geringverdiener, die mindestens 30 Beitragsjahre aufweisen. Bei Einkommen von unter 3000 Euro soll das Kindergeld von 184 auf bis zu 324 Euro monatlich steigen. Von der Kita bis zur Uni soll es keine Gebühren geben. Der soziale Wohnungsbau soll mit mehreren Milliarden Euro gefördert werden, um die Mieten zu dämpfen. Bei Neuvermietungen will die SPD nur noch Erhöhungen bis zu zehn Prozent zulassen.

Steinbrück wies die Vorwürfe zurück, es handele sich um ein unfinanzierbares linkes Wohlfühlprogramm. „Unter dem Strich kommen wir zu dem Ergebnis, dass sich das die Waage hält.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte, der Spitzensteuersatz von 49 Prozent greife erst ab einem Einkommen von 100 000 Euro, bei Ehepaaren von 200 000 Euro.

Die Dispozinsen sollen bei Kontoüberziehungen höchstens acht Prozent betragen. Um den Einfluss von Lobbyisten zurückzudrängen, will die Partei außerdem transparenter machen, an welchen Gesetzen externe Fachkräfte wie mitarbeiten.

Steinbrück sagte, der Markt dürfe nicht den Staat dominieren. Steinbrück wie Gabriel bekannten sich zu den rot-grünen Reformen der Agenda 2010, allerdings sei einem Missbrauch von Leih- und Zeitarbeit „Tür und Tor geöffnet worden“, sagte Gabriel. Daher müsse es punktuelle Verbesserungen geben. Die Partei will künftig eine gleiche Bezahlung von Leih- und Zeitarbeit. Die Reformen führten zwar zu einer deutlichen Reduzierung der Arbeitslosigkeit, aber auch zu einer Ausweitung der Leiharbeit.

Kanzler Gerhard Schröder hatte die Eckpunkte der „Agenda 2010“ am 14. März 2003 im Bundestag vorgestellt. Er will am Dienstag erstmals seit seinem Ausscheiden aus der Politik wieder eine Fraktionssitzung der SPD besuchen. Anlass ist der 10. Jahrestag des Irak-Krieges.

Der Altkanzler zog in der „Bild“-Zeitung eine positive Bilanz seiner Sozialreformen. „Man sieht ja jetzt: Deutschland ist besser durch die Krise gekommen als alle anderen europäischen Länder.“