Streit über Familiensplitting: Für Reiche oder für alle?
Berlin (dpa) - Alle Parteien versprechen in ihren Wahlprogrammen mehr Geld für Familien. Über den Weg dahin wird jedoch gestritten. Die Union sieht sich erneut Kritik an ihrem Konzept für ein Familiensplitting ausgesetzt.
Mehrere SPD-geführte Länder haben eine Initiative des Bundesrates gegen die geltenden Steuervorteile für Ehepaare angekündigt. „Das Ehegattensplitting benachteiligt Frauen und schadet der Wirtschaft“, sagte die niedersächsische Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) der Oldenburger „Nordwest-Zeitung“ (Donnerstag). Für Ehepaare ohne Kinder, die ebenfalls seit Jahren von diesem Besteuerungsmodell profitieren, solle es aber eine Übergangsregelung geben.
Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen plant ihre Initiative dem Bericht zufolge zusammen mit Schleswig-Holstein und Berlin, das von einer SPD/CDU-Koalition regiert wird. Die SPD fordert in ihrem Bundestags-Wahlprogramm, den Steuervorteil für Ehegatten abzubauen und zu einem neuen „Partnerschaftstarif“ mit individueller Besteuerung für Ehegatten umzubauen. Der Familienleistungsausgleich soll grundlegend zugunsten der Kinder reformiert werden.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nannte die Pläne eine „Kampfansage an die Familien“. Mit dem Ehegattensplitting wolle Rot-Grün auch die Entscheidungsfreiheit der Paare abschaffen, sagte Gröhe am Donnerstag in Berlin. Eine sehr große Mehrheit der Bürger sei laut Umfragen für die Beibehaltung des Ehegattensplittings.
Die Union plädiert in ihrem Wahlprogramm dafür, das Ehegattensplitting im Sinne eines Familiensplittings weiterzuentwickeln. Der steuerliche Grundfreibetrag für Kinder von derzeit 7008 Euro soll auf die Höhe des Freibetrags für Erwachsene von 8354 Euro angehoben werden. Zugleich soll das Kindergeld steigen.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bezeichnete die Unionspläne als „teures Wahlgeschenk für Reiche“. Besserverdienende würden damit um rund 500 Euro im Jahr mehr entlastet als Einkommensschwache, sagte Nahles der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). Rund sieben Milliarden Euro wollten CDU/CSU dafür ausgeben. Das sei ungerecht und teuer.
Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte geltend gemacht, dass die Unionspläne Milliarden kosteten, Gut- und Spitzenverdiener bevorzugten und Frauen davon abhielten, nach der Geburt eines Kindes in den Job zurückzukehren.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt verteidigte die Reformvorhaben. Eine Erhöhung des Kindergeldes komme allen Eltern zugute, unabhängig vom Einkommen, sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die bayerische Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag): „Wir müssen endlich aufhören, Wirtschaftswissenschaftlern die Deutungshoheit über die Wirksamkeit von Familienleistungen zu überlassen.“