Tatort Ministerium — Spione bei Daniel Bahr
Unbemerkt soll sich ein IT-Spezialist Geheimdokumente beschafft haben.
Berlin. Gewundert hatte sich Daniel Bahr (FDP) darüber schon öfter: Da kursierten in der Öffentlichkeit bereits vertrauliche Dokumente aus seinem Haus, die der Bundesgesundheitsminister selbst noch nicht einmal kannte.
Nun fügt sich das Ganze zu einem ungeheuerlichen Verdacht: Ein Spion der Apothekerschaft soll sich die Unterlagen illegal beschafft haben. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Dass Gesetzentwürfe und Anträge zu Fachthemen den betroffenen Organisationen und Verbänden schon im vor-parlamentarischen Stadium zugänglich gemacht werden, ist im Regierungsalltag normal. So erfahren Lobbyisten frühzeitig, wo sie einhaken müssen, um die politische Debatte zu beeinflussen.
Dafür werden Stellungnahmen verfasst und Expertenanhörungen im Bundestag organisiert. Vor allem die Gesundheitslobbyisten sind ein rühriges Volk. Schließlich werden in dem Sektor viele Milliarden umgesetzt. Der jetzt bekanntgewordene Fall liegt jedoch anders.
Nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft soll sich ein Interessenvertreter der Apothekerschaft über einen Mittelsmann im Gesundheitsministerium geheime Unterlagen und auch E-Mails aus Fachabteilungen besorgt haben.
Wie das Ministerium auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte, war der Mittelsmann bei einem externen IT-Dienstleister beschäftigt. Dadurch könnte er bereits Zugang zu elektronischen Texten gehabt haben, als die noch auf unterer Ebene Gestalt annahmen.
Für den Datenklau, der über zwei Jahre andauerte, hat er Geld kassiert. Nachdem sich die Hinweise auf den Mann verdichteten, erstattete Bahr am 11. September Anzeige. Seit dem 20. November hat der IT-Experte Hausverbot. An diesem Tag gab es auch eine Durchsuchung im Ministerium. Es existiert der Verdacht auf Bestechung und Diebstahl.
In der Zeit des Datenklaus wurden mehrere Gesetze verabschiedet, die den Geldbeutel der Apotheker berührten. So wurde etwa der Arzneimittelmarkt reformiert und eine neue Apothekenbetriebsordnung auf den Weg gebracht. Dass die kriminelle Wühlarbeit derlei Vorlagen im Sinne der Apotheker beeinflusst haben könnte, weist man in Bahrs Ressort jedoch zurück. Eher sei das Gegenteil der Fall gewesen.