Teure Erdkabel sollen Stromnetzausbau vorantreiben
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will mit Erdkabeln den stockenden Ausbau der Stromnetze vorantreiben. Damit sollen Bürgerproteste gegen die ursprünglich meist als Freileitungen mit Masten geplanten Stromautobahnen von Nord nach Süd verringert werden.
Nach der Kabinettsentscheidung sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in Berlin: „Jetzt ist der Weg frei für den dringend notwendigen Ausbau der Stromnetze. Und den brauchen wir, um die Energiewende zum Erfolg zu führen.“
Das hat seinen Preis: Die Bundesregierung geht davon aus, dass die streckenweise Erdverkabelung (bis zu 80 Prozent) der beiden Gleichstrom-Trassen „Suedlink“ und „Südost“ von Nord- nach Süddeutschland die Kosten um drei bis acht Milliarden Euro in die Höhe treibt. Das müssen private Stromkunden und die Industrie über höhere Netzentgelte bezahlen, was pro Haushalt vermutlich drei bis neun Euro mehr im Jahr bedeutet.
Die Regierung kommt mit der Entscheidung dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) entgegen. Er hatte monatelang gegen die großen Trassen gekämpft, weil der Widerstand in Bayern gegen vermeintliche „Monstertrassen“ mit bis zu 75 Meter hohen Masten groß ist. Kritik wegen der milliardenschweren Zusatzkosten wies Seehofer zurück: Diese verteilten sich auf 30 Jahre. Und die maximale Belastung liege bei 0,1 Cent pro Kilowattstunde. „Das sollten uns die Menschen und die Natur Wert sein.“
Wo genau „Südlink“ und „Südost“, die Wind- und Sonnenstrom von den Küsten in die süddeutschen Industriezentren bringen sollen, durch Deutschland verlaufen werden, steht noch nicht fest. Bei herkömmlichen 380-KV-Höchstspannungsleitungen (Drehstrom) wird es Erdkabel weiterhin nur bei Pilotprojekten geben.
Von den 2009 vereinbarten 24 vordringlichen Leitungsprojekten sind mit 487 Kilometern erst ein Viertel der erforderlichen Strecken gebaut worden.
Kritik kam von den Grünen. „Vom CSU-Populisten und Energiewende-Irrlicht Seehofer getrieben, schafft es Gabriel nicht, angepasste Lösungen für Konflikte beim Netzausbau zu finden“, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Die Festlegung des Bundes komme um Jahre zu spät: „Die Möglichkeit zur Erdverkabelung von Anfang an und bei allen Übertragungsleitungen hätte uns viele Konflikte, Millionenkosten und Zeitverzögerungen erspart.“