ThyssenKrupp-Tätigkeit bringt Steinbrück neuen Ärger

Berlin (dpa) - SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat erneut Ärger - diesmal geht es um eine mögliche Vermengung seiner politischen Arbeit mit der Aufsichtsratstätigkeit für ThyssenKrupp.

Nach Informationen des „Handelsblatts“ geht aus einem vertraulichen Sitzungsprotokoll des Aufsichtsrats vom Januar 2011 hervor, dass Steinbrück dem Stahlkonzern politische Unterstützung im Kampf gegen zu hohe Strompreise angeboten hat. Steinbrücks Sprecher betonte am Dienstag, aus rechtlichen Gründen dürfe Steinbrück nicht über Inhalte der Aufsichtsratssitzungen berichten, sonst mache er sich strafbar.

Steinbrück bekam laut den Geschäftsberichten von 2010 bis 2012 rund 170 000 Euro für seine Tätigkeit als ThyssenKrupp-Aufsichtsrat. Wiederholt warnte er vor zu hohen Industriestrompreisen. Allerdings tun das Politiker fast aller Parteien, damit im Zuge der Energiewende keine Arbeitsplätze verloren gehen. Als Oppositionspolitiker hat er zudem nur begrenzten Einfluss auf die Energiepolitik der Regierung.

Dass Steinbrück nicht an allen Aufsichtsratssitzungen teilnehmen konnte, begründete sein Sprecher mit Terminkollisionen aufgrund seines Bundestagsmandats. Wegen der Kandidatur als Kanzlerkandidat legte Steinbrück das Mandat bei ThyssenKrupp nieder und ist seither nur noch Aufsichtsrat bei Fußballmeister Borussia Dortmund.

ThyssenKrupp zeigte sich in einer Stellungnahme verärgert: Die Sitzungen des Aufsichtsrats seien vertraulich. „Eine Verletzung dieser Vertraulichkeitspflichten stellt einen Straftatbestand dar. Vor diesem Hintergrund haben wir kein Verständnis dafür, dass aus Protokollen des Aufsichtsrats öffentlich zitiert und über einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats berichtet wird.“

Der FDP-Energiepolitiker Klaus Breil warf der SPD eine doppelzüngige Energiepolitik vor. „Die gespielten Empörungen der SPD in den vergangenen Wochen über Ausnahmeregelungen der Industrie bei den Stromkosten sind nichts als Wahlkampf-Nebelkerzen“, sagte er. In Sonntagsreden und Mitteilungen zeichne die SPD ein verzerrtes Bild der Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen zulasten des Stromverbrauchers. „Gleichzeitig verspricht ein neuer Genosse der Bosse in einer Aufsichtsratssitzung von ThyssenKrupp, sich für Ausnahmen bei den Stromkosten für die Industrie einzusetzen.“

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil warnte Union und FDP vor einer Schmutzkampagne. „Die gegenüber Peer Steinbrück erhobenen Vorwürfe sind substanzlos und grotesk.“ Die SPD habe immer die Position vertreten, dass energieintensiven Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, durch die Energiewende keine Nachteile entstehen dürfen.

Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn warnte Steinbrück bei „Handelsblatt online“ hingegen vor einem Einsatz für neue Industrierabatte: „Für weitere Vergünstigungen für die Stahlbranche gibt es objektiv keinen Grund“. Um die Energiewende fair zu finanzieren, müssten überzogene Privilegien für die Industrie abgebaut und auf Härtefälle beschränkt werden.

Mehrere Grünen-Abgeordnete gingen sichtbar auf Distanz zu Steinbrück - zuletzt hatten seine Aussagen, dass das Kanzlergehalt im Vergleich zum Gehhalt von Sparkassendirektoren niedrig sei, für Irritationen gesorgt. „Diese nutzlose Diskussion irritiert natürlich viele Menschen“, sagte der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler der „taz“ (Mittwoch). Er sei schon mehrfach im Landtagswahlkampf in Niedersachsen darauf angesprochen worden. Es gehe 2013 im Bundestagswahlkampf zentral um das Thema Gerechtigkeit. „Wir sollten eine öffentliche Debatte über die Bekämpfung von niedrigen Löhnen führen und nicht über das Kanzlersalär diskutieren.“