Timoschenko-Tochter kämpft in Deutschland
Berlin (dpa) - Mit einem Deutschland-Besuch hat Timoschenko-Tochter Jewgenija um Unterstützung für die inhaftierte ukrainische Ex-Regierungschefin geworben. Jewgenija Timoschenko traf sich am Montag unter anderem mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).
Das erhoffte Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kam dagegen nicht zustande. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, Merkel und Timoschenko hätten sich bereits im vergangenen Herbst getroffen.
Am Montagabend reiste Jewgenija Timoschenko weiter nach Paderborn - aber ohne dort an einem Wahlkampf-Auftritt Merkels teilzunehmen, wie zunächst spekuliert wurde. Jewgenija Timoschenko habe ihn im Zug nach Paderborn begleitet, um in Ruhe mit ihm sprechen zu können, sagte der CDU-Europapolitiker Elmar Brok der dpa. Nach der Ankunft habe sie die Rückreise nach Berlin angetreten.
Während Merkel bislang offen ließ, ob sie zur bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft in die Ukraine fährt, sagte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) seine Reise ab. „Ich halte es für wichtig, das politische Signal zu setzen, dass man sich so der Europäischen Union nicht annähert“, sagte Niebel in der Tageszeitung „Die Welt“ (Dienstag) an die Adresse der Ukraine.
Die Ukraine steht international in der Kritik, weil die gegen Timoschenko verhängte Haftstrafe als politisch motiviert gilt. Die prominente Politikerin leidet an einem Bandscheibenvorfall und befindet sich aus Protest gegen ihre Haftbedingungen im Hungerstreik. Ein Neurologe der Berliner Charité reiste am Montag zur Behandlung der ukrainischen Ex-Regierungschefin, wie die Nachrichtenagentur dpa am Montag erfuhr. Nach Informationen der „Berliner Morgenpost“ handelt es sich um den Oberarzt der Neurologischen Klinik, Lutz Harms.
Am Dienstag könnte die Behandlung in einem Krankenhaus im ukrainischen Charkow beginnen. Timoschenkos Verteidiger Alexander Plachotnjuk stellte jedoch den Beginn der Therapie infrage: Wegen ihres Hungerstreiks sei die Politikerin geschwächt, sagte Plachotnjuk. „Ich denke, dass vor einer Behandlung ihr Organismus wieder hergestellt werden muss.“
Eine Behandlung Timoschenkos in der Ukraine könne nur ein erster Schritt sein, betonte der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Gert Pöttering (CDU), mit dem sich Jewgenija Timoschenko zum Auftakt ihrer Berlin-Visite traf. Der frühere Präsident des Europaparlaments forderte, bei Bedarf müsse Julia Timoschenko nach Berlin verlegt werden: „Das bisherige Verhalten der ukrainischen Behörden ist durch nichts zu rechtfertigen.“
Wenige Wochen vor der Fußball-Europameisterschaft mahnte auch Bundestrainer Joachim Löw einen „humanitären Umgang mit Frau Timoschenko“ an. „Ich bin der tiefsten Überzeugung, dass Menschenrechte eines unserer höchsten Güter sind“, betonte Löw bei der Präsentation seines EM-Kaders in Rastatt. Einen sportlichen Boykott des Turniers halte er allerdings „nicht für sinnvoll“.