Genscher adelt Lindner zum Hoffnungsträger der FDP
33-Jähriger zum neuen Chef der NRW-FDP gewählt.
Gütersloh. Eine Woche vor der Landtagswahl hat die nordrhein-westfälische FDP Christian Lindner nun auch formell zu ihrem unumschränkten Chef gemacht. Nachdem sie ihn schon im vergangenen Monat zum Spitzenkandidaten gekürt hatten, wählten die Delegierten ihn am Sonntag zum Chef der Landespartei — mit stolzen 98 Prozent der Stimmen. Lindner gab sich äußerst zuversichtlich, den Einzug in den Landtag wieder zu schaffen und nannte Bedingungen für eine mögliche Regierungsbeteiligung.
Es gab zwei Stars auf dem Parteitag: Neben dem 33-jährigen Lindner eine um 52 Jahre ältere FDP-Legende: Hans-Dietrich Genscher ergriff erstmals seit vielen Jahren wieder auf einem Parteitag das Wort. Seine umjubelte Rede war ein Ritterschlag für Lindner: „Sie sind der Hoffnungsträger der liberalen Partei in Deutschland.“ Mehr geht kaum, zumal der berühmteste Träger von gelben Pullundern weltweit noch nachlegte: „Sie verkörpern Bescheidenheit, Charakterstärke und Mut — diese Eigenschaften sind gefragter denn je.“
Das als Vorschusslorbeeren zu bezeichnen, wäre wohl eine glatte Untertreibung. Genscher positionierte Lindner schlichtweg als die Zukunft der Partei. Kombiniert mit Putschgerüchten gegen Parteichef Philipp Rösler ergibt sich eine brisante Mischung.
Lindner selbst strotzte vor Selbstbewusstsein. Das Vertrauen in die eigene Stärke ist wieder so groß, dass die FDP sich eine Regierungsbeteiligung vorstellen kann: Einstieg in den Schuldenabbau, Bekenntnis zum Industriestandort NRW, Verzicht auf Steuererhöhung, Zukunftssicherung der Gymnasien. Das sind keine unüberwindbaren Hürden — auch nicht für SPD und Grüne. Lindners Aussage „Wir sind nicht die Reserve von Rot-Grün“ war da eher Pflichtprogramm.
Wo Lindner noch Stimmen holen will, sagte er recht offen: bei der CDU. „Wenn die CDU wackelt und unklar ist, muss die FDP stehen.“