Tricksereien mit dem Müll — Die gelbe Tonne steht vor dem Kollaps

350 Millionen Euro fehlen im Gesamtbudget des dualen Systems.

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Berlin. Von Trittbrettfahrern und schwarzen Schafen ist die Rede. Hinter den Kulissen von gelber Tonne und gelbem Sack tobt ein erbitterter Kampf.

Die Menge der nicht bezahlten Verpackungsabfälle steigt dramatisch — 350 Millionen Euro im Gesamtbudget der dualen Systeme fehlen.

Die für das Einsammeln Zuständigen warnen vor einem Kollaps des durch den grünen Punkt bekannten Systems.

Den ersten Schritt zu einer Reform, die das System der gelben Tonne retten soll. Zunächst wurden EU-Vorgaben umgesetzt, die eher lapidar sind. So wird definiert, dass Wursthäute, Teebeutel, Kleiderbügel und Grablichtbecher keine Verpackungen sind. Und somit auch nicht in die gelbe Tonne dürfen.

Im weiteren Gesetzgebungsverfahren sollen auf Initiative Nordrhein-Westfalens an diese sechste Novelle der Verpackungsverordnung weitere Maßnahmen „angebunden“ werden, mit denen Schlupflöcher zur Aushöhlung des Systems geschlossen werden.

Gemäß der 1991 von Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) auf den Weg gebrachten Verpackungsverordnung müssen Hersteller Verantwortung für die von ihnen in Umlauf gebrachten Produktverpackungen übernehmen.

Durch die fachgerechte Entsorgung und mehr Recycling sollen die Umwelt geschont und der Rohstoffverbrauch gesenkt werden. „Die derzeitige Verpackungsverordnung bietet zu viele Schlupflöcher für zweifelhafte Entsorgungspraktiken“, kritisiert aber etwa die Deutsche Umwelthilfe.

Hersteller zahlen an die dualen Systeme — es gibt zehn, das größte ist das DSD mit dem grünen Punkt — Gebühren für das Sammeln zum Beispiel von Joghurtbechern und Plastikverpackungen über die gelbe Tonne oder den gelben Sack.

Während aber die Mengen konstant bleiben, werden gemäß der Meldung für das erste Quartal die bezahlten Verpackungen um 25 Prozent im Vergleich zu 2013 sinken — es gibt den Verdacht, dass schwarze Schafe das System unterlaufen. Hinzu kommt, dass bei zuletzt 2,4 Millionen Tonnen pro Jahr gesammelter Leichtverpackungsabfälle 40 Prozent „Fehlwürfe“ waren, fälschlicherweise dort entsorgter Müll.

Zum einen Eigenrücknahmen: Verpackungen können zum Beispiel im Supermarkt zurückgegeben werden, entsprechend weniger zahlen Hersteller an die dualen Systeme. „Nach den veröffentlichten Zahlen ist allein die Menge der Eigenrücknahmen um 166 Prozent gestiegen“, sagt der Präsident des Bundesverbands der Entsorgungswirtschaft (BDE), Peter Kurth.

Das entspreche nicht der Realität. Unter Bezug auf eine angeblich hohe Zahl an Rücknahmen werden dadurch weniger Lizenzgebühren an duale Systeme gezahlt. Eine andere Variante sind Branchenlösungen. Kantinen, Krankenhäuser, Hotels, Seniorenheime oder Imbiss-Ketten können sich selbst um ihre Abfallentsorgung kümmern. Je höher hier die angeblichen Mengen an zu entsorgenden Verpackungen, desto geringer die Zahlungen für Betreiber gelber Tonnen und Säcke.

Auf Antrag Nordrhein-Westfalens sollen Ausnahmetatbestände wie Eigenrücknahmen und Branchenlösungen spätestens ab Januar 2015 weitgehend gestrichen werden. So soll verhindert werden, dass weitere Mengen bei den dualen Systemen abgemeldet werden.

Sonst könnten höhere Gebühren für sich korrekt verhaltende Müllverursacher drohen. Und in letzter Konsequenz höhere Produktpreise im Laden. „Ein gutes Recycling wird durch den sich ausweitenden Betrug unmöglich“, kritisiert der Linke-Umweltpolitiker Ralph Lenkert.