Umstrittener Kardinal Meisner nach 25 Jahren im Ruhestand
Köln (dpa) - Zeitenwende im größten deutschen Bistum: Der Papst hat den Kölner Kardinal Meisner auf eigenen Wunsch hin abberufen. Nach 25 Jahren als Erzbischof ist der Weg frei für einen Nachfolger, der nach dem Wunsch vieler Gläubiger nicht mehr so konservativ sein sollte.
Meisner gilt als einer der umstrittensten deutsche Bischöfe. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, würdigte ihn als den „Mann der klaren Worte“.
Der Papst habe das Rücktrittsgesuch des 80-Jährigen angenommen, teilte das Erzbistum mit. Nach einem Vierteljahrhundert ist Meisner nun mit sofortiger Wirkung nicht mehr Erzbischof von Köln, dem größten und reichsten deutsche Bistum. Den Titel Kardinal behält er, auch wenn er mit 80 nicht mehr an einer Papstwahl teilnehmen könnte.
Meisner hatte Franziskus aus Alters- und Gesundheitsgründen um seine Entlassung gebeten. Bis zur Wahl des neuen Erzbischofs wird das Bistum mit über zwei Millionen Katholiken von seinem bisherigen Generalvikar Stefan Heße geleitet.
In einem Abschiedsbrief wandte sich Meisner noch einmal an die Gläubigen: „Ich wollte Ihnen immer und überall die Freude an Gott bezeugen“, schrieb er. „Ich danke Ihnen herzlich für alle Stärkung (...) und bitte alle sehr um Vergebung, wenn Ihnen mein Dienst nicht Stärkung, sondern vielleicht auch Ärgernis war.“
Meisner hatte während seiner Amtszeit immer wieder Aufsehen erregt und auch Empörung ausgelöst, wenn er Abtreibungen zum Beispiel mit dem Holocaust verglich und Kunst ohne religiösen Bezug als „entartet“ bezeichnete. Häufig bedauerte er später seine Wortwahl. Als Höhepunkt seiner Amtszeit sah der gebürtige Schlesier die Ausrichtung des Weltjugendtages 2005 mit einem Besuch des damals frisch gekürten Papstes Benedikt.
Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bewertete Meisners Amtszeit im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag) als eine „Ära mit Licht und Schatten“. Zu einem ehrlichen Wort gehöre, dass sie Positionen Meisners kritisch bewerte, sagte Kraft, „doch diesen Widerspruch hat er als streitbarer Geist akzeptiert“. Eine erstaunlich positive Reaktion kam vom Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider: „Er hat mir gezeigt, was Geschwisterlichkeit in Christus bedeutet“, sagte Schneider der Zeitung. Beide hätten einander „in schweren Zeiten Trost zugesprochen“.
Viele Gläubige im Erzbistum Köln wünschen sich nun einen liberalen Kirchenmann als Nachfolger. Erst vor einigen Monaten hatte eine Umfrage des Erzbistums ergeben, dass Meisners konservative Ansichten zu Ehe und Familie bei den Gläubigen überhaupt keinen Widerhall finden. Die Gläubigen sind demnach nahezu geschlossen gegenteiliger Ansicht, wenn es um Themen geht wie Scheidung, vorehelicher Sex, Verhütungsmittel oder homosexuelle Partnerschaften.
Heße wurde am Freitag vom Domkapitel zum Diözesanadministrator gewählt. Das Domkapitel hat nun nach einem komplizierten Verfahren Meisners Nachfolger zu wählen, was sich wohl einige Monate hinziehen wird. Eine Kölner Kircheninitiative, die von rund 1500 Unterzeichnern unterstützt wird, fordert Mitbestimmungsrechte der Gläubigen bei der Wahl des neuen Erzbischofs.
Meisner will demnächst aus dem erzbischöflichen Haus in eine Wohnung im Haus der Domkapitulare gegenüber dem Kölner Dom umziehen. Am 9. März steht er noch einmal im Mittelpunkt. Dann wird seine 25 Jahre dauernde Amtszeit als Erzbischof nachgefeiert. Diese Feier wird nun gleichzeitig sein Abschiedsfest werden.