Umstrittenes Gesetz zur Tarifeinheit auf der Zielgeraden
Berlin (dpa) - Mit der geplanten Verabschiedung des Gesetzes zur Tarifeinheit rückt auch eine höchstrichterliche Überprüfung der umstrittenen Regelungen in Karlsruhe immer näher.
„Wir werden das Gesetz auf jeden Fall vor das Bundesverfassungsgericht bringen“, sagte der Vorsitzende des Beamtenbundes dbb, Klaus Dauderstädt, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Arbeitgeber betonten hingegen, die Tarifeinheit sei zwingend nötig. In der Koalition gab man sich gelassen.
Union und SPD wollen das Gesetz am Freitag trotz Widerstands in den eigenen Reihen im Bundestag beschließen. Das Regelwerk soll verhindern, dass Gewerkschaften in einem Betrieb künftig weiter um dieselben Beschäftigtengruppen kämpfen. Nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern soll gelten. Unter anderem der dbb, die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) und die Opposition werten das als Angriff auf das Streikrecht. Auch der MB hatte Verfassungsklage angekündigt.
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte hingegen, gerade die Wiederherstellung der Tarifeinheit sei ein wichtiger Beitrag für eine funktionierende Tarifautonomie. 2010 hatte das Bundesarbeitsgericht das über Jahrzehnte gültige Prinzip der Tarifeinheit gekippt.
„Die wesentliche Aufgabe der Tarifautonomie ist es, die Arbeitsbeziehungen zu ordnen und zu befrieden“, sagte Kramer der Deutschen Presse-Agentur. Tarifkollisionen führten zu widersprüchlichen Regelungen, die sich im Betrieb nicht umsetzen ließen. „Vielmehr tragen sie Streit in die Belegschaften.“
Damit verliere der Flächentarifvertrag seine befriedende Funktion und die Tarifautonomie ihre Akzeptanz, mahnte Kramer. „In den letzten Jahren haben die Tarifpartner die Tarifverträge in vielen Branchen grundlegend modernisiert.“ Die Arbeitgeber wollten daran weiter arbeiten. „Die Tarifeinheit ist dafür eine wichtige und unverzichtbare Basis.“
Der Chef der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Fraktion, Peter Weiß, warf Kritikern maßlos übertriebene Polemik aus organisationspolitischen Gründen vor. „Kaum eine Gewerkschaft wird es auf Tarifkollisionen ankommen lassen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Kleinere Gewerkschaften würden stattdessen die Möglichkeiten nutzen, die ihnen der Gesetzgeber gebe. Sie können eine Tarifgemeinschaft eingehen, sich auf bestimmte Beschäftigtengruppen beschränken oder einen Tarifvertrag aushandeln, der dem der größeren Gewerkschaft inhaltlich gleicht.
Dauderstädt entgegnete: „Das Tarifeinheitsgesetz wird den Betriebsfrieden nicht erhöhen. Warum sollte sich eine größere Gewerkschaft im Vorfeld mit der kleineren über tarifliche Regelungen einigen, wenn die kleinere auch einfach ausgeschaltet werden kann?“ Kommt das Gesetz, werde es vielmehr ein Hauen und Stechen geben. „Die Konkurrenz zwischen den Gewerkschaften wird zunehmen.“ Jede Gewerkschaft wird auf jeden Fall verhindern wollen, als kleinere in ihrer Existenz bedroht zu werden.
Katja Mast, Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales, sagte der dpa, das Gesetz taste das Streikrecht nicht an. „Es geht darum, Tarifkollisionen insgesamt zu vermeiden.“