Umweltverbände: Bahn könnte jeden dritten Inlandsflug ersetzen
Berlin (dpa) - Jeder dritte Inlandsflug könnte nach Berechnungen von Nichtregierungsorganisationen ohne Zeitverlust auf die Schiene verlagert werden.
Heute gebe es für die rund 170 Kilometer zwischen Nürnberg und München täglich vier Flugverbindungen, dabei fahre auf der Strecke jede Stunde ein ICE, kritisierte Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Berlin.
Fast 150 000 innerdeutsche und grenzüberschreitende Flüge könnten den Angaben zufolge sofort durch Zugverkehr ersetzt werden, mittelfristig weitere 50 000. Müller-Görnert sagte aber auch, dass die Bahn dafür in Sachen Komfort, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit zulegen müsse.
Für mehr Klima- und Lärmschutz fordert das Bündnis neue Strukturen im Luftverkehr. „Wir sehen eine Riesen-Überkapazität im deutschen Flughafennetz“, sagte Werner Reh, Luftverkehrsexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Statt die sechs großen Flughäfen immer weiter auszubauen, sollten diese besser mit den zahlreichen schlecht ausgelasteten Regionalflughäfen kooperieren. Außerdem fordern die Organisationen eine Klimaabgabe von 10 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2. Diese müsse bis zum Jahr 2030 auf 80 Euro steigen.
Der Kohlendioxid-Ausstoß im deutschen Flugverkehr konnte laut den Verbänden zwar seit 1990 um 16 Prozent reduziert werden, vor allem durch größere Maschinen. Pro Passagier und Kilometer sei er im Durchschnitt aber immer noch 16-mal so hoch wie bei der Bahn.
Um Anwohner vor Fluglärm zu schützen, setzt das Konzept auf konkrete Reduktionsziele. Damit soll der Lärm zunächst unter eine Obergrenze gebracht und dann in Jahresschritten weiter gesenkt werden.
Im Verkehrsministerium entsteht derzeit ein Luftverkehrskonzept, das sich Union und SPD 2013 in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen hatten. Aus Sicht der Umwelt- und Lärmschutzverbände geht es dabei aber zu sehr um Wachstum und die Förderung des Luftverkehrsstandorts Deutschland. Deshalb haben sie nun ein eigenes Konzept vorgelegt.
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft hält die Vorschläge nicht für tragfähig. „Mit restriktiven staatlichen Eingriffen im nationalen oder europäischen Alleingang sind die im internationalen Wettbewerb stehenden deutschen Luftfahrtunternehmen immer im Wettbewerb deutlich benachteiligt und damit dauerhaft nicht lebensfähig“, kritisierte Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow.