Politik Union und SPD kommen sich nur zaghaft näher — manch einer fordert mehr Tempo
Berlin. Kurz vor Beginn des ersten Treffens der Unionsspitze mit der SPD-Führung am Mittwochabend kanzelte Alexander Dobrindt die Idee der Genossen für eine „Kooperationskoalition“ erst einmal ab.
„Ich habe kein Interesse, mich mit der SPD über irgendeinen Kokolores zu unterhalten“, so der CSU-Landesgruppenchef. Typisch Dobrindt.
Seine neue Rolle lebt er mit Inbrunst aus. Schon während der Jamaika-Sondierungen war es der Bayer, der die Gespräche mit gepfefferten Kommentaren über die Grünen begleitete. Oder belastete. Auch jetzt, wo sich Union und SPD zaghaft annähern, hält Dobrindt nicht hinter dem Berg. Das zeigt: Die Unzufriedenheit über das zögerliche Verhalten und die Planspiele der Genossen wächst in der Union. Zwar langsam, aber stetig. Die stellvertretende SPD-Chefin Malu Dreyer warnte prompt die CSU: Es sei wenig hilfreich, in der Form „über eine Partei zu sprechen, deren Unterstützung man braucht“. Gemeint war damit auch Horst Seehofer, der den Vorstoß der SPD als einen aus der „Krabbelgruppe“ bezeichne hatte.
Nun gehören die parteipolitischen Kabbeleien ohne Zweifel dazu, sie dürfen nur nicht wie bei den Jamaika-Gesprächen ausarten. Doch die Gefahr besteht auch diesmal, obwohl es aus Unionskreisen heißt: „Wir wissen, wie sensibel das ist.“ Aber die Abneigung gegenüber einer Groko ist vor allem seitens der SPD immens. Ähnlich verhält es sich mit dem Weiterreichen von Interna aus den Gesprächen: „Das werden wir alles eng halten“, verspricht man zwar in der Union. Doch ob das durchzuhalten sein wird, ist ebenso fraglich. Schließlich geht es irgendwann darum, die eigenen Forderungen in den Vordergrund zu schieben. Vor allem die Kanzlerin will die Vertraulichkeit unbedingt gewahrt wissen, weil sie in der permanenten Veröffentlichung von Informationen aus den Sondierungsgesprächen einen Grund für das Scheitern von Jamaika sieht.
Wie es möglichst laufen soll, machte sie am Donnerstag gemeinsam mit Unions-Fraktionschef Volker Kauder deutlich. In einer Telefonschaltkonferenz des CDU-Bundesvorstands berichtete man nicht über Inhalte der Gespräche mit der SPD, sondern lediglich noch einmal über die eigenen Ziele. Man wolle eine stabile Regierung, sollen beide nach Angaben von Teilnehmern betont haben. Darunter verstehe man eine große Koalition und kein anderes Regierungsmodell. Nichts wirklich Neues also.
Zumal beide Seiten schon nach ihrem Treffen am Mittwochabend in einer gemeinsamen, sechs Zeilen langen Erklärung festgehalten hatten, dass man „offen und vertrauensvoll“ miteinander geredet habe. CDU und CSU hätten betont, dass sie eine „stabile Regierung“ anstrebten. Also die Fortsetzung der in der SPD so ungeliebten großen Koalition. Das Wort „ergebnisoffen“, wie von den Genossen propagiert, tauchte in dem Papier jedoch nicht auf.
Jedenfalls wächst in der Union zugleich die Ungeduld. So ließ die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer wissen: „Aus Sicht der CDU könnte und sollte es konzentrierter und schneller gehen.“ Die SPD hingegen hat es nicht eilig. An diesem Freitag will der Parteivorstand entscheiden, ob Sondierungen beginnen oder nicht - freilich nicht verknüpft mit einem konkreten Ziel, also mit irgendeinem Regierungsmodell.