Unrentabel: Eon forciert den Atomausstieg
Der Meiler Grafenrheinfeld soll schon kommenden Mai abgeschaltet werden — nicht wie geplant erst 2015.
Berlin. Es war eine turbulente Sitzung im Kanzleramt an jenem 15. März 2011. Angela Merkel saß mit den fünf Ministerpräsidenten der Bundesländer zusammen, in denen Atomkraftwerke liefen. Die Bilder der Explosionen an den Reaktorgebäuden in Fukushima vor Augen, kam es dem Vernehmen nach zu einem regelrechten Überbietungswettbewerb, was die Abschaltung betraf.
Am Ende standen die sieben ältesten Meiler auf der Liste, plus das ohnehin stillstehende AKW Krümmel. Seither ist viel passiert. Dass nun Eon ein AKW schneller abschaltet, als es die Politik will, offenbart die wuchtigen Folgen der Energiewende — und hinter den Kulissen wird um neue Kraftwerks-Subventionen gekämpft.
Um 12 Uhr verschickt Deutschlands größter, schwer gebeutelter Energiekonzern gestern eine Mitteilung: „Eon nimmt Kernkraftwerk Grafenrheinfeld vor Ende der Laufzeit außer Betrieb“. Das bayerische Kraftwerk rechne sich nicht mehr. Der Atomgegner Jochen Stay von der Organisation „ausgestrahlt“ frohlockt: „Jeder Tag, den das AKW früher vom Netz geht, ist ein Tag mit geringerem Risiko.“ Derzeit laufen noch neun AKW, bis 2022 sollen sie vom Netz. Aber auch nicht früher — sonst drohen Stromausfälle.
Ein Grund dürften Wirtschaftlichkeitsprobleme durch die Zunahme von Wind- und Solarstrom sein. Offiziell führt Eon die Brennstoffsteuer an. Da im Juni 2015 neue Brennstäbe in Grafenrheinfeld eingesetzt werden müssten, will sich Eon durch eine Abschaltung Ende Mai 80 Millionen Euro Steuern sparen und das Kraftwerk nicht mehr — wie im Atomgesetz verankert — bis Ende 2015 laufen lassen. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hatte Steuererleichterungen ausgeschlossen. Nun könnte am Ende der Bürger die Rechnung zahlen.
Der Grund liegt in der Verordnung „zur Regelung des Umgangs mit geplanten Stilllegungen von Energieerzeugungsanlagen.“ Die Bundesnetzagentur und der für Bayern zuständige Übertragungsnetzbetreiber Tennet müssen nun prüfen, ob Grafenrheinfeld noch „systemrelevant“ ist. Netzexperten halten die Fertigstellung der Thüringer Strombrücke für essenziell. Bis Ende Mai 2015 wird das wohl nicht klappen.
Stay hingegen verweist auf ein Gutachten, wonach bereits heute „ausreichend wetterunabhängige Kraftwerkskapazitäten und Leitungen selbst für extreme Situationen zur Verfügung“ stünden. Auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hatte über Staatskanzleichefin Christine Haderthauer mitteilen lassen: „Wir sehen die Versorgungssicherheit Bayerns nicht beeinträchtigt.“ Tennt-Chef Martin Fuchs hält das Aus ebenfalls für handhabbar.