Kauder hält dagegen Unzufriedenheit in CDU über Ressortverteilung
Berlin (dpa) - Die Unzufriedenheit in der CDU über die vereinbarte Ressortverteilung in einer neuen großen Koalition hält an. Hamburgs CDU-Chef Roland Heintze bedauert, dass das Bundesfinanzministerium von der CDU zur SPD wechseln soll.
„Beim Zuschnitt der Ministerien hätte ich mir gewünscht, dass das Finanzministerium bei uns bleibt“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Am Ende handele es sich aber um einen Kompromiss.
Entscheidend sei, in welchem Korsett der Finanzminister arbeiten müsse. „Und da ist der Koalitionsvertrag mehr als klar: keine neuen Schulden und die schwarze Null“, sagte Heintze. „Da kann ich 100 Mal Minister der SPD sein.“ Es werde sicherlich Ausbruchsversuche geben. Aber dann müsse die Union darauf achten, dass der Koalitionsvertrag gelte und nicht die Fantasien eines SPD-Finanzministers.
Unionsfraktionschef Volker Kauder zeigte Verständnis für die Unzufriedenheit in der CDU. Die SPD habe in den Verhandlungen aber nicht nachgegeben, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag). „Wenn die Koalitionsverhandlungen und die Regierungsbildung am Ende an der Frage von Posten gescheitert wären, hätten uns die Bürger eher für verrückt erklärt.“ Der Koalitionsvertrag sei ein Dokument der finanzpolitischen Stabilität, der die gesamte Regierung und damit auch den Finanzminister binde, betonte Kauder. „Alleingänge eines SPD-Finanzministers kann es da nicht geben.“
Brandenburgs CDU-Landesvorsitzender Ingo Senftleben kritisierte die anhaltenden Personaldebatten in der Union. Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD enthalte viele gute Punkte, die für den Alltag der Menschen wichtig seien. Statt über die Inhalte zu reden, stünden aber Personalfragen im Vordergrund, sagte Senftleben der Deutschen Presse-Agentur. „Wir machen da einen großen Fehler.“
Die Vorsitzende der Frauen-Union, Annette Widmann-Mauz (CDU), wies ebenfalls die Kritik an der Ressortverteilung zurück. „Schon in der ersten großen Koalition unter Angela Merkel hatten wir einen SPD-Finanzminister. Und es waren keine schlechten Jahre für Deutschland“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Der CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer zeigte sich mit dem ausgehandelten Koalitionsvertrag unzufrieden: „Diese Einigung setzt den schleichenden Marsch in den Sozialismus fort“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Da wird der paternalistische Staat gepäppelt, der überall eingreift und reguliert.“ Unmut hierüber schwele in der Partei schon länger. „Die Postenfrage ist nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt“, sagte Pfeiffer.
In den „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“ (Samstag) nannte er die unionsinterne Kritik am Verzicht auf das Finanzministerium aber überzogen: „Wenn die CDU zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahrzehnten wieder das Wirtschaftsressort erhält, ist das eine Chance, den ordnungspolitischen Kompass wieder richtig auszurichten.“
Der CDU-Wirtschaftspolitiker Christian von Stetten sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstag), der Koalitionsvertrag sei nicht die Bibel. Alle Projekte müssten durch den Bundestag. „Da können wir als Parlamentskreis Mittelstand dafür sorgen, dass das, was zwar gut gemeint, aber nicht durchdacht ist, aufgehalten und korrigiert wird.“ Die Ressortverteilung sei „ein großer politischer Fehler“, ergänzte von Stetten.
Angesichts der personellen Turbulenzen warf Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt Union und SPD Selbstbeschäftigung vor. Die große Koalition solle aufpassen, dass sie nicht K.o. gehe, bevor sie überhaupt starten könne, sagte sie der dpa. „Während sie sich mit sich selbst beschäftigen, bleiben die großen Herausforderungen unserer Zeit liegen“, kritisierte Göring-Eckardt. „Die Klimaerhitzung hält sich nicht selbst auf, die Luft wird nicht von alleine sauber, und Kinder können sich nicht selbst aus der Armut holen.“
Trotz der Turbulenzen rechnet der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck mit einer Neuauflage des schwarz-roten Bündnisses: „Ich stelle mich darauf ein, dass die große Koalition kommt und vier Jahre regiert“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.