Umfrage Viele Deutsche sorgen sich vor 2016
Hamburg (dpa) - Erstmals seit Jahren blickt die Mehrheit der Deutschen nach Umfragen eher mit Angst als Zuversicht auf das kommende Jahr.
In einer repräsentativen Studie stellte das Meinungsforschungsinstitut GfK im Auftrag der Hamburger BAT-Stiftung für Zukunftsfragen einen starken Stimmungsumschwung im Vergleich zu den Vorjahren fest. Während sich 55 Prozent der im November Befragten angsterfüllt zeigten, waren es im Vorjahr nur 31 Prozent. Der wissenschaftliche Leiter der Stiftung, Ulrich Reinhardt, sprach von einer Rückkehr der „German Angst“.
Reinhardts Kollege Horst Opaschowski bestätigte am Mittwoch: „Die Stimmung kippt. Die „German Angst“ kommt wieder.“ Er beruft sich dabei auf eine repräsentative Befragung des Ipsos-Instituts von Anfang Dezember. Demnach sieht jeder zweite Deutsche dem kommenden Jahr „mit großer Skepsis und gemischten Gefühlen“ entgegen. Der Anteil der Pessimisten stieg von 27 Prozent im vergangenen Jahr auf 50 Prozent.
Der Anteil der Optimisten sank dagegen drastisch. Nur 18 Prozent der 1000 Befragten stimmten dem Satz zu: „Dem kommenden Jahr sehe ich mit großer Zuversicht und Optimismus entgegen.“ Vor einem Jahr hatten sich noch 45 Prozent als Optimisten bekannt. Der Rest der jetzt Befragten konnte sich nicht entscheiden. Als Antwortmöglichkeiten gab es nur die Wahl zwischen „großer Zuversicht“ und „großer Skepsis“.
Als mögliche Ursache für das Ergebnis nannten beide Zukunftsforscher vor allem die Flüchtlingskrise und die jüngsten Terroranschläge, wobei in den Erhebungen nicht nach den Gründen für die Sorgen der Bürger gefragt worden war. „Die gegenwärtige humanitäre Krise und die zunehmende Angst vor Terroranschlägen hat die Bevölkerung tief verunsichert und lässt sie an einer positiven Zukunft zweifeln“, erklärte Reinhardt.
Unter „German Angst“ versteht der Forscher das Phänomen, dass die Deutschen häufig Sorgen haben, die Zukunft werde nicht so positiv wie die Gegenwart. Opaschowski erinnerte daran, dass er 2007, knapp ein Jahr nach der Fußball-WM, das „Ende der deutschen Düsternis (German Angst)“ verkündet hatte.
Das GfK-Institut interviewte zwischen dem 6. und 20. November 2000 Bürger im Alter über 14 Jahre. Mitten in den Befragungszeitraum fielen am 13. November die Anschläge von Paris, die 130 Menschen das Leben kosteten. Das Ipsos-Institut befragte 1000 Menschen ab 14-Jahre zwischen dem 1. und 3. Dezember.
Besonders die Älteren ab 55 Jahren äußerten sich in der GfK-Umfrage besorgt. 64 Prozent sagten: „Ich blicke angstvoll in die Zukunft.“ Bei den Jüngeren von 14 bis 34 Jahren waren dies 42 Prozent. Allerdings hat sich damit der Anteil der Furchtsamen in der jüngeren Generation seit 2013 - als es noch 19 Prozent waren - mehr als verdoppelt.
Probleme erwarten die von der GfK Befragten in der Wirtschaft. Fast vier Fünftel - genau 79 Prozent - befürchten, dass die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands größer werden (2014: 66 Prozent). Mehr als zwei Drittel - 70 Prozent - gehen davon aus, dass Europa weiter auseinanderdriften wird (2014: 60 Prozent).
Neben der Euro-Krise vertiefte dieses Jahr auch der Umgang mit dem Flüchtlingszustrom die politischen Gräben innerhalb der EU. Das Umfrageresultat sieht Reinhardt im Einklang mit dem Rechtsruck bei den jüngsten Wahlen in mehreren EU-Ländern.
Zugleich befindet sich das Vertrauen in die Politiker auf einem neuen Tiefpunkt, wie die GfK-Umfrage weiter ergab. 87 Prozent vermuten, dass die Politiker weiter an Zustimmung verlieren werden (2014: 81 Prozent).