Vierzehn Länder lehnen Seehofers Energiepolitik ab
München (dpa) - CSU-Chef Horst Seehofer ist bei seinem Kurs in der Energiewende mit breitem Widerstand vom Schwarzwald bis zur Nordsee konfrontiert. 14 der 15 übrigen Bundesländer lehnen seine Forderung ab, den Bau neuer Gaskraftwerke zu subventionieren, wie eine dpa-Umfrage ergeben hat.
Seehofer fordert Subventionen des Bundes für den Bau neuer Gaskraftwerke, um damit zumindest eine der beiden geplanten Höchstspannungstrassen aus Nord- und Ostdeutschland nach Bayern überflüssig zu machen. Allerdings lassen sich Gaskraftwerke wegen der Milliardensubventionen für Ökostrom derzeit nicht kostendeckend betreiben. Deswegen will Seehofer durchsetzen, dass der Bund den Betrieb bezuschusst.
Doch das stößt im Kreis der Bundesländer auf parteiübergreifenden Widerstand. Staatskanzleien, Energieministerien und Umweltbehörden in den Landeshauptstädten und Stadtstaaten nennen mehrere Gründe: die bestehende Gesetzeslage, hohe Zusatzkosten und Schaden für die Windbranche im Norden. Darüber hinaus lehnen mehrere Länder eine Privilegierung Bayerns ab.
Hessen bleibt neutral. „Der Vorschlag ist interessant, berührt uns aber nicht“, sagte Regierungssprecher Michael Bußer.
Überall sonst dagegen Ablehnung: Die Energiewende sehe vor, „nach und nach unsere Energiewirtschaft auf erneuerbare Energien umzustellen“, sagt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). „Gaskraftwerke auf der Basis hoher Subventionen passen dazu nicht.“
Und in Kiel erklärte Amtskollege Thorsten Albig (SPD): „Der Strom aus norddeutschen Windmühlen hält Bayern am Laufen“. Die Zukunft der deutschen Energieversorgung liege in der klugen überregionalen und internationalen Vernetzung - „und nicht in der Kleinstaaterei“.
Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte: „Die Vorstellung von Herrn Seehofer, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher auch noch den Bau überflüssiger bayerischer Gaskraftwerke finanzieren sollen, ist völlig indiskutabel.“ Er fügte an: „Mit mir wird es keine Zustimmung für eine solche Lex Bayern geben.“
Ähnlich skeptisch ist das Echo aus Düsseldorf. Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) zieht das Fazit: „Seehofer allein zu Haus.“
Baden-Württemberg wirft Seehofer vor, mit seiner Forderung den süddeutschen Interessen zu schaden. „Das bedeutet nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Süddeutschland höhere Strompreise zu Lasten der Verbraucher“, sagt Regierungssprecher Rudi Hoogvliet.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) wirft Seehofer vor, sich bayerische Extrawürste auf Kosten der Allgemeinheit leisten zu wollen. Auch aus Schwerin kommt ein Nein.
Die Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) sagt: „Neue Gaskraftwerke sind eine unsinnige und teure Variante, die zudem die Nutzungsmöglichkeiten für Wind- und Sonnenstrom reduzieren würde.“
Höflich, aber bestimmt äußert sich das sächsische Wirtschaftsministerium: „Eine staatliche Vorfestlegung - noch dazu in Form direkter Subventionen - für bestimmte konventionelle Erzeugungstechnologien ist aus sächsischer Sicht nicht sinnvoll.“
Fast gleichlautend die Bewertung des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums: nicht sinnvoll. Zudem drohe eine höhere Belastung der Stromkunden.
Berlin winkt ebenfalls ab: „Warum jedoch nur bayerische und nur neue Gaskraftwerke über den gesamtdeutschen Strommarkt subventioniert werden sollen, erschließt sich uns nicht“, erklärt der Umweltsenat.
Auch der Hamburger Senat hält Seehofers Forderung für unsinnig: Erneuerbare Energien sollten bis 2050 80 Prozent des deutschen Strombedarfs decken, heißt es in der Umweltbehörde. Nur mit leistungsstarken Übertragungsnetzen könne der Windstrom aus dem Norden in den Süden transportiert werden.
Die saarländische Staatskanzlei verweist auf die bestehende Gesetzeslage - die keine Gaskraftwerks-Subventionen vorsieht. Bremen hält Seehofers Forderung für „nicht sinnvoll und teuer“.
Seehofer steht also vor einer sehr harten Auseinandersetzung. CSU-intern hat er nach Angaben von Parteifreunden berichtet, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Bayern entgegen kommen wolle. Unklar ist aber, in welchem Punkt.