Weidel: Mehr Austritte möglich Von Storch wird AfD-Fraktionsvize

Berlin (dpa) - Aus der AfD-Bundestagsfraktion könnten sich demnächst noch weitere Abgeordnete verabschieden. „Vielleicht gibt es ein, zwei weitere Austritte, die möchte ich mittlerweile nicht mehr ausschließen“, sagte die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel am Rande einer Fraktionssitzung in Berlin.

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Am Mittwoch hatte der Abgeordnete Mario Mieruch seinen Austritt aus der Fraktion bekanntgegeben. Er begründete seinen Schritt in der „Bild“-Zeitung mit einer mangelnden Abgrenzung nach rechts. Ähnliche Gründe hatte auch die frühere Parteichefin Frauke Petry angeführt. Sie hatte der AfD kurz nach der Bundestagswahl den Rücken gekehrt.

Aktuell gehören der AfD-Fraktion noch 92 Abgeordnete an. Sie wählten am Donnerstag fünf stellvertretende Vorsitzende, von denen keiner dem rechtsnationalen Flügel um den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke zugerechnet wird. Die Stellvertreter sind: Partei-Vize Beatrix von Storch und der AfD-Landesvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern, Leif-Erik Holm. Der frühere Radiomoderator konnte sich nach Angaben aus Parteikreisen zunächst in einer Abstimmung gegen von Storch durchsetzen. Später gewann diese dann die Abstimmung gegen mehrere Kandidaten, darunter Stephan Brandner aus Thüringen, der im thüringischen Landtag eine beachtliche Zahl an Ordnungsrufen kassiert hatte. Von Storch sagte, sie wolle sich im Bundestag vor allem um die Themen Recht und Innere Sicherheit kümmern.

Ebenfalls gewählt wurde Roland Hartwig, der dem nordrhein-westfälischen Landesverband angehört. Der ehemalige Chefjurist eines Pharmakonzerns bezeichnet sich selbst als „konservativ-liberal“. Durchsetzen konnte sich auch Peter Felser aus Bayern. Er hatte vor 20 Jahren ein Reportage-Buch über den Bosnien-Einsatz der Bundeswehr geschrieben, zusammen mit Götz Kubitschek, der heute als einer der Vordenker der Neuen Rechten gilt. Felser sagte, er sei aber nicht dem Kreis um Kubitschek zuzurechnen. Ihre Wege hätten sich in der Zwischenzeit getrennt.

Fünfter Fraktionsvize ist der Malermeister Tino Chrupalla aus Sachsen. Er hatte sich als Direktkandidat bei der Bundestagswahl gegen den sächsischen CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer durchgesetzt.

Weidel betonte zudem, die Fraktion werde an Albrecht Glaser als Kandidat für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten festhalten. Politiker anderer Fraktionen hatten Glaser vorgeworfen, er habe die Religionsfreiheit für Muslime in Frage gestellt. Der AfD-Abgeordnete Kay Gottschalk sagte, Glasers Ansichten seien „Parteilinie“.

Unionsfraktionschef Volker Kauder will Glaser nicht zum Bundestagsvizepräsidenten wählen. „Ich werde nie jemanden wählen, der einer Gruppe von Menschen die Wahrnehmung von Grundrechten pauschal absprechen will. Das gilt besonders für die Religionsfreiheit“, sagte der CDU-Politiker der „Passauer Neuen Presse“.

Die Mehrheit der Deutschen rechnet indessen damit, dass die AfD nur vorübergehend im Bundestag vertreten sein wird. In einer Umfrage im Auftrag der dpa vertraten 54 Prozent der Befragten die Auffassung, dass sich die rechtskonservative Partei nicht dauerhaft im Parlament etablieren kann.

Nur 27 Prozent sehen dagegen laut der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov die Alternative für Deutschland über diese Wahlperiode hinaus als feste Größe im Parlament.

Die AfD hatte bei der Wahl am 24. September 12,6 Prozent der Stimmen erhalten und zieht damit als drittstärkste Kraft in den neuen Bundestag ein. In den vergangenen 60 Jahren haben es neben der AfD nur zwei andere Parteien geschafft, neu in den Bundestag gewählt zu werden: die Grünen 1983 und die Linke 1990 - damals noch als PDS. Beide Parteien haben sich dauerhaft im Parlament etabliert.

Laut YouGov-Umfrage glauben zwar drei von vier AfD-Wählern, dass das auch der von ihnen unterstützten Partei gelingen wird. Allerdings teilt nur etwa jeder fünfte Anhänger von Union (19 Prozent), SPD (18) und Grünen (18) diese Einschätzung. Die Wähler von Linken (28) und FDP (31) trauen der AfD dagegen etwas mehr Stehvermögen zu.

YouGov befragte zwischen dem 19. September und 2. Oktober mehr als 2000 Bundesbürger.