Wagenknecht kandidiert doch nicht für Linke-Fraktionsvorsitz
Berlin (dpa) - Die stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Sahra Wagenknecht, will im Herbst überraschend nicht für den Vorsitz der Bundestagsfraktion kandidieren. Wagenknecht begründete dies mit der mehrheitlichen Zustimmung ihrer Fraktion zur Verlängerung der Griechenland-Hilfen.
Die größte Oppositionspartei wählt ihre Führung am 13. Oktober neu. Derzeit ist Gregor Gysi alleiniger Fraktionschef. Nach einem Parteitagsbeschluss soll es künftig aber eine Doppelspitze geben.
Wagenknecht - Lebensgefährtin des ehemaligen Linke-Vorsitzenden Oskar Lafontaine - hatte seit längerem keinen Hehl mehr aus ihrem Interesse am Top-Posten gemacht. In einer persönlichen Erklärung verkündete sie nun jedoch ihren Verzicht. In dem Schreiben heißt es: „Ich halte es für einen strategischen Fehler, dass die große Mehrheit der Fraktion dem Antrag der Bundesregierung auf Verlängerung des griechischen "Hilfsprogramms" zugestimmt hat.“
Wagenknecht selbst hatte sich als eine von zehn Linke-Abgeordneten enthalten. Drei Linke stimmten im Bundestag mit Nein, die Mehrheit aber dafür - aus Solidarität mit der neuen Regierung des linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Wegen der Sparauflagen für Athen war die Linke zuvor immer gegen die Hilfen. In dem Schreiben verweist die 45-Jährige auch darauf, dass sie zuvor nicht einmal die Gründe ihrer Entscheidung habe vortragen dürfen. Sie sprach von einem „offenen Affront“.
Wagenknecht ist seit 2011 Erste Stellvertretende Vorsitzende neben Fraktionschef Gysi. Der 67-Jährige sagte, ihre Entscheidung sei „auf der einen Seite zu bedauern und auf der anderen Seite zu respektieren“. Gysi fügte hinzu: „Entscheidend ist, wie sie erklärt, dass ihr die spezifische Leitungstätigkeit nicht liegt.
Auf die Frage, ob er selbst weitermachen werde, hatte der Fraktionschef kürzlich in einem Interview der Wochenzeitung „Der Freitag“ geantwortet: „Wie kommen Sie denn auf so was? Ich bin doch topfit! Sie müssen mich noch fast ewig ertragen.“ Gysi führt die Fraktion seit 2005 - seit 2009 allein, davor zusammen mit Lafontaine. Mit 64 Abgeordneten ist die Linkspartei im aktuellen Bundestag die größte Oppositionsfraktion.