Verfassungsschutz warnt Warnung vor kampferprobten Nordkaukasus-Islamisten
Berlin (dpa) - Der Verfassungsschutz hat vor wachsender Terrorgefahr durch kampferprobte Islamisten aus dem Nordkaukasus gewarnt.
„Extremistische Nordkaukasier waren - neben dem Tschetschenienkrieg in ihrer Heimat - aktuell auch an den Kämpfen in Syrien und Irak maßgeblich beteiligt“, sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, in Berlin. „Sie sind kampferprobt und stellen ein hohes Gefährdungspotenzial dar.“
Die Zahl der aus nordkaukasischen Republiken wie Tschetschenien, Dagestan oder Inguschetien stammenden Islamisten liegt demnach im mittleren dreistelligen Bereich, also bei etwa 500 Personen.
„Die Affinität zu Gewalt, Kampfsport und Waffen der Islamisten aus dem Nordkaukasus erfordert die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden in Deutschland“, sagte Maaßen. Schwerpunkte der nordkaukasischen Islamistenszene sind nach BfV-Angaben die ostdeutschen Bundesländer, vor allem Brandenburg und Berlin. Außerdem gibt es sogenannte Hotspots in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bremen.
Die Szene ist laut Verfassungsschutz durch weitläufige und zum Teil europaweite Netzwerke gekennzeichnet und nach außen weitgehend abgeschottet. Entscheidender Faktor für eine Radikalisierung seien persönliche Kontakte, verbindende Elemente die Religion und traditionelle Clanstrukturen. Vereinzelt gebe es auch personelle Überschneidungen mit der Organisierten Kriminalität.
Die Zahl der Salafisten in Deutschland ist nach Angaben von Maaßen mit 10 800 auf ein Allzeithoch angestiegen. Im September habe der Verfassungsschutz noch 10 300 Menschen dem Salafismus zugeordnet, im Dezember vor einem Jahr waren es 9700. Der Verfassungsschutz hält den Salafismus - eine besonders konservative Ausprägung des Islam - für den wichtigsten Nährboden des Terrorismus.
„Gleichzeitig beobachten wir eine Fragmentierung und Privatisierung des Salafismus in Deutschland“, sagte Maaßen. „Das ist eine besondere Herausforderung für den Verfassungsschutz.“ Eine öffentlich sichtbare Straßenmissionierung finde nur noch selten statt - möglicherweise sei dies auch Folge von Ermittlungserfolgen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte beispielsweise vor gut einem Jahr die Koran-Verteilaktion „Lies!“ als verfassungsfeindlich verboten.
Die Radikalisierung von Salafisten findet laut BfV aktuell weniger in Moscheen oder größeren überregionalen Organisationen statt, sondern in kleinen konspirativen Zirkeln und vor allem im Internet. Häufiger als früher bilden sich demnach auch salafistische Frauennetzwerke - hier sei es für den Verfassungsschutz besonders schwer, sich mit nachrichtendienstlichen Mitteln Zugang zu verschaffen.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, forderte angesichts der Rekordwerte bei der Zahl der Salafisten, die Szene müsse intensiv kontrolliert und engmaschig beobachtet werden. Wo möglich sollten salafistische Netzwerke und Vereine verboten und Hassprediger ausgewiesen werden, sagte Lischka dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag). Auf der anderen Seite müsse die Prävention in Schulen und sozialen Netzwerken intensiviert werden. „Hier ist auch das Engagement muslimischer Gemeinden in Deutschland gefragt“, mahnte der SPD-Politiker.