Hackerangriffe aus Moskau Warum die Regierung wegen Cyberspionage beunruhigt ist

Berlin. · Dirk Wiese ist Russlandbeauftragter der Bundesregierung. In den zunehmenden Hackerangriffen aus Moskau sieht der SPD-Politiker das zuletzt mühsam aufgebaute Vertrauen zunehmend belastet.

Blicken zunehmend nach Russland: Mitarbeiter im Nationalen Cyber-Abwehrzentrum der Bundesregierung. Foto: dpa

Foto: Oliver Berg/dpa/Oliver Berg

Nach Ende des  Gesprächsforums „Petersburger Dialog“ in Moskau sieht der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Dirk Wiese (SPD), Zeichen einer weiteren deutsch-russischen Annäherung. Gleichwohl würden die Cyber- und Hackerangriffe das Verhältnis beider Länder neu belasten, sagte Wiese im Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Wiese, sehen Sie Verbesserungen in den deutsch-russischen Beziehungen?

Dirk Wiese: Wir reden wieder intensiv miteinander. Es hat in den vergangenen Wochen und Monaten viele Treffen auf höchster Regierungsebene gegeben, auch beim Petersburger Dialog in Moskau war mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier ein deutscher Minister vertreten. Das zeigt, dass wir den Kontakt weiter intensivieren.

Aber bei keinem der großen Konfliktthemen gibt es echte Fortschritte.

Wiese: Das stimmt leider noch. Es gibt Punkte, da werden wir noch länger brauchen, um Lösungen zu finden. Wir haben unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim, überdies fehlen notwendige Fortschritte im Minsk-Prozess im Hinblick auf die Ost-Ukraine. Das ist sehr bedauerlich. Und trotzdem dürfen wir zum Beispiel die Beziehungen, gerade mit der Eurasischen Wirtschaftsunion, nicht aus den Augen verlieren.

Inwieweit könnte Europa der russischen Seite entgegenkommen?

Wiese: Trotz der Schwierigkeiten auf politischer Ebene kommen wir im Kleinen gut voran. Das sollten wir auch beibehalten. Wir sollten ein Signal für die jüngere  Bevölkerung in Russland setzen. Deswegen bin ich dafür, jungen Russen bis 25 Jahre die Möglichkeit einzuräumen, ohne Visa nach Europa einreisen zu dürfen. Die Visafreiheit würde dazu beitragen, Vorurteile gegenüber Europa und Deutschland abzubauen und den Schüler- und Studentenaustausch erleichtern.

Allerdings belastet ein neuer Großkonflikt die Beziehungen – der um Cyberspionage und Hackerangriffe von russischer Seite. Beunruhigt Sie das?

Wiese: Eindeutig ja. Das geht nicht. Wir haben diese Vorgänge beim Petersburger Dialog klar angesprochen. Das strapaziert unsere Freundschaft aufs Neue. Wer wieder stärker mit uns kooperieren möchte und Normalität in den Beziehungen will, muss solche Handlungen unterlassen. Es ist daher richtig, dass die Bundesregierung hier Ross und Reiter genannt hat.

Bloße Appelle werden aber nicht ausreichen.

Wiese: Diplomatisch haben die Vorgänge ja Konsequenzen gehabt. Und ich setze darauf, dass auch die russische Seite erkennt, wie sehr sie sich selbst mit ihrem Verhalten schadet.

Inwieweit nutzt es dem russischen Präsidenten Putin, dass die transatlantischen Beziehungen ebenfalls in einer tiefen Krise stecken?

Wiese: Wir müssen erkennen: Die Schwierigkeiten, die im Verhältnis zu Russland bestehen, aber auch im Verhältnis zum Präsidenten der USA mit seinen unsäglichen Tweets, können nur bedeuten, dass wir uns stärker auf Europa besinnen. Dann ist der Nutzen für Putin stark begrenzt. Verlässlichkeit war immer eine Stärke der europäischen Zusammenarbeit. Dies muss in der jetzigen weltpolitischen Gemengelage mehr denn je gelten.