Was die Wahlideen den Bürger kosten könnten
Aus ökonomischer Sicht sind die Programme ein Desaster, sagt die deutsche Wirtschaft.
Köln. Die Parteien setzen auf milliardenschwere Wahlversprechen — mit düsteren Folgen für Wachstum und Beschäftigung. Zu diesem Fazit kommt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.
Aus ökonomischer Perspektive seien die Programme mehr oder minder ein „großes Desaster“, sagte IW-Chef Michael Hüther am Mittwoch bei der Vorstellung einer entsprechenden Untersuchung.
Die Forscher haben die steuer-, renten- und gesundheitspolitischen Wahlideen sowie die Arbeitsmarktpolitik unter die Lupe genommen und daraus Szenarien für die Wirtschaft abgeleitet. Weil sich aber nicht alle Parteien in gleichem Maße konkret festgelegt hätten, sei eine Vergleichbarkeit schwierig, räumte Hüther ein.
Um zu verhindern, dass Gruppierungen mit besonders nebulösen Forderungen am Ende in gutem Licht dastehen, blieb deshalb manches unberücksichtigt. Eine weitere Schwäche der Analyse: Die ermittelten negativen Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung sind Schätzungen.
Die SPD will eine Anhebung des Spitzensteuersatzes, die Einführung von Vermögensteuer und „Solidarrente“ sowie eine Bürgerversicherung. Laut IW summieren sich die vom Steuer- und Beitragszahler zu tragende Kosten auf 59,1 Milliarden Euro jährlich. Das führt in den kommenden fünf Jahren zu 0,7 Prozent weniger Wachstum — macht ein Minus von 300 000 Arbeitsplätzen.
Die Grünen kämpfen für höhere Steuern, eine Rentenaufstockung für Niedrigverdiener und eine Bürgerversicherung. Die jährliche Mehrbelastung fällt kaum höher (59,7 Milliarden Euro) aus als bei der SPD. Auch die Konsequenzen für Wachstum und Beschäftigung sind fast identisch.
Die Union will die „kalte Progression“ abmildern, Renten für ältere Mütter verbessern sowie Kindergeld und Kinderfreibeträge aufstocken. Das macht fast zwölf Milliarden Euro pro Jahr. Dadurch könnte das Bruttoinlandsprodukt nach fünf Jahren um 0,1 Prozent weniger zugelegt haben als jetzt — minus 100 000 Jobs.
Die Liberalen wollen ebenfalls an die „kalte Progression“ ran. Ansonsten haben ihre Ideen kaum fiskalische Auswirkungen. Unter der Annahme, dass bei der FDP eine Pflegereform den Beitragszahler teurer käme als jetzt, entstünde sogar eine leichte Entlastung von 1,5 Milliarden Euro.