Facharztmangel: Längste Wartezeiten auf Termin im Osten
Berlin (dpa) - Im Extremfall müssen Patienten länger als drei Wochen auf einen Termin beim Facharzt warten. Im Osten geschieht das häufiger als im Westen. Schneller an der Reihe sind nach wie vor meist Privatversicherte.
Auch beim Arzt gibt es ein Ost-West-Gefälle: Patienten zwischen Rügen und Erzgebirge müssen am längsten auf einen Sprechstundentermin warten - 14 Prozent von ihnen mehr als drei Wochen. Im Westen sind es dagegen nur 9 Prozent. In etwa einem Drittel der Fälle war der Arzt allerdings in Ost wie in West ohne Wartezeit zu sprechen. Das geht aus einer Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hervor, die in Berlin vorgestellt wurde.
Die Versorgungssituation wird in den östlichen Bundesländern generell am kritischsten beurteilt: In Berlin/Brandenburg, Thüringen und Sachsen ist die Klage über fehlende Orthopäden und Augenärzte in Wohnortnähe am lautesten. Etwa ein Viertel der Befragten dort sieht darin ein Problem. Insgesamt 76 Prozent sagen, dass es an ihrem Wohnort genügend Hausärzte gebe, 56 Prozent sagen das mit Blick auf die Fachärzte.
Immerhin fühlen sich 92 Prozent aller Befragten beim Arzt gut aufgehoben. Nur 4 Prozent sind unzufrieden. Der Zufriedenheitsgrad liege seit der ersten Erhebung im Jahr 2006 auf diesem hohen Niveau, sagte KBV-Chef Andreas Köhler. Zufrieden wies er darauf hin, dass sich auch die Wartezeiten im Vergleich zu den Vorjahren praktisch nicht verlängert hätten.
Der Umfrage zufolge mussten sich von den Patienten, die bereits im Wartezimmer saßen, 29 Prozent bis zu einer halben Stunde, 25 Prozent mehr als eine halbe Stunde gedulden. Ohne Wartezeit wurden 12 Prozent zum Arzt vorgelassen, 32 Prozent spätestens nach 15 Minuten. Diese Werte sind seit Jahren relativ konstant.
Unterschiede zeigt die Befragung erneut für privat und gesetzlich Versicherte: Mehr als drei Wochen Wartezeit mussten elf Prozent der Kassenpatienten hinnehmen, dagegen nur vier Prozent der Privatversicherten. 39 Prozent von diesen kannten überhaupt keine Wartezeit, bei den Kassenpatienten waren es 31 Prozent.
Für Köhler können die Ergebnissen „nicht als Beleg für eine klare Zwei-Klassen-Medizin“ herhalten. Es gebe aber „Unterschiede im Behandlungskomfort“, räumte er ein. Dazu zählten die Wartezeiten, nicht aber die medizinisch notwendige Versorgung.
Die in der Kritik stehenden Selbstzahlerleistungen spielen aus Sicht der Patienten ein eher untergeordnetes Problem. 21 Prozent der Befragten wurde eine dieser Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) vom Arzt angeboten, das sind 3 Prozentpunkte weniger als vor zwei Jahren. 90 Prozent hielten die Bedenkzeit für ausreichend, um sich für oder gegen das Angebot zu entscheiden. Die KBV sieht damit das Vorurteil vom „Arzt als geldgierigen Verkäufer“ widerlegt.
Nach der zu Jahresbeginn abgeschafften Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal hat die Zahl der Behandlungsfälle laut Köhler im ersten Vierteljahr um 4,5 Prozent zugenommen. Dies sei aber vor allem auf die Grippewelle zurückzuführen. Die Zahl der Überweisungen vom Haus- zum Facharzt habe zugleich um 22 Prozent abgenommen.