Weiter Gezerre um Steuerpolitik in der Koalition
Berlin (dpa) - Schuldenabbau hat für Finanzminister Schäuble absolute Priorität. Steuerliche Entlastungen etwa bei der „kalten Progression“ soll es daher vorerst nicht geben. Das Thema sorgt für Streit zwischen Union und SPD.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt bezeichnete den Kurs der SPD im Gespräch mit der „Wirtschaftswoche“ als „unkollegial“. Die Sozialdemokraten stellten Forderungen zum Abbau der sogenannten kalten Progression auf, und die Union solle dann sagen, dass dies nicht finanzierbar sei.
In der vergangenen Legislaturperiode habe die SPD einen Gesetzentwurf der schwarz-gelben Regierung zweieinhalb Jahre lang blockiert. „Damals hätten wir die Spielräume gehabt“, so Hasselfeldt. „Jetzt haben wir einen ausgeglichenen Haushalt als oberstes Ziel vereinbart.“ Zudem sei ein 23 Milliarden Euro schweres Ausgabenpaket zu schultern. „Ich hätte mir gewünscht, dass die SPD die Vertretung der Arbeitnehmerinteressen früher entdeckt hätte“, sagte die CSU-Politikern.
Als „kalte Progression“ gelten heimliche Steuererhöhungen als Folge des Zusammenspiels von Lohnerhöhungen, steigenden Steuersätzen sowie Preissteigerungen.
Der SPD-Vorsitzende und Vizekanzler Sigmar Gabriel wies Hasselfeldts Vorwürfe zurück. „Das Spiel können wir endlos weiterspielen: Warum hat die Union damals nicht zugestimmt, als wir die Entlastung mit Subventionsabbau gegenfinanzieren wollten? So kommen wir nicht weiter.“
Der von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel verkündete Verzicht auf steuerliche Erleichterungen ist für den designierten DGB-Chef Reiner Hoffmann „nicht hinnehmbar“. Er sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag): „Es ist Zeit für mehr Steuergerechtigkeit. Die kalte Progression muss abgebaut werden. Es kann nicht sein, dass wir unsere Tarifverhandlungen führen, Lohnerhöhungen durchsetzen, und am Ende kassiert der Finanzminister ab.“
Zur Gegenfinanzierung schlage der DGB vor, „Kapitalerträge künftig wieder wie Löhne zu besteuern, und nicht, wie jetzt, nur mit 25 Prozent“. Außerdem sind die Gewerkschaften für eine Anhebung des Spitzensteuersatzes.