Wirtschaft: Energiewende könnte Jobs kosten

Berlin (dpa) - Die Wirtschaft warnt vor einem massiven Verlust von Arbeitsplätzen durch die geplante Energiewende. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, nannte im „Focus“ zur Begründung die hohen Stromkosten, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit mindern.

Trotz staatlicher Ausnahmeregeln beim Strompreis zahle die deutsche Industrie mit die höchsten Strompreise in Europa. Diese enormen Kostenunterschiede führten dazu, dass in Deutschland Arbeitsplätze verschwinden. „Deshalb ist es fahrlässig zu behaupten, dass die Energiewende allenfalls ein paar alten Industrien die Existenz kosten werde.“

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel warf der schwarz-gelben Bundesregierung erneut Versagen in der Energiepolitik vor. „Die Energiewende fährt gerade mit Hochgeschwindigkeit vor die Wand“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag). Deutschland habe keine Planung für Stromspeicher, der Netzausbau gehe nicht voran, für die Energieeffizienz werde nichts getan. „Energiepolitisch ist die Merkel-Regierung eine Tu-Nix-Koalition“, sagte Gabriel. „Nichts von dem, was Deutschland braucht, um den Atomausstieg hinzubekommen, wird umgesetzt.“

Der SPD-Chef warf Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vor, sich täglich gegenseitig lahm zu legen. „Deutschland braucht ein Energie- Ministerium.“

Im Gegensatz zu Gabriel sieht Röttgen die Energiewende auf dem richtigen Weg. „Gerade in diesen extrem kalten Tagen zeigt sich, dass die erneuerbaren Energien Versorgungssicherheit und Stabilität schaffen. Der Ausbau von Wind und Solar zahlt sich aus“, sagte der Umweltminister dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Die Einschätzung der Netzbetreiber, wonach es trotz der Kälte genug Strom gebe, zeige, „dass Horrorszenarien, nach denen die Stromversorgung zusammenbricht und die Preise explodieren, unseriös sind“.

Dagegen rechnete BDI-Präsident Keitel vor, dass zum Beispiel Edelstahl aus Deutschland „bei den Energiepreisen auch mittelfristig nicht mehr konkurrenzfähig ist“. So koste dem Konzern ThyssenKrupp die Megawattstunde Strom am Standort Krefeld rund 80 Euro, in Italien nur 60 Euro und in den USA nur 40 Euro.

„Wir sehen in der Industrie in der Energiewende große Chancen und wollen sie mit aller Entschlossenheit ergreifen“, versicherte Keitel. Jedoch gehöre dazu auch die Diskussion über die Kosten-Gefahren. „Und ich wäre dankbar, wenn die Bundesregierung unsere Sorgen ernst nehmen würde.“ Gefährlich sei zudem, dass die Politik dem Irrglauben anhänge, man könne eine Energiewende politisch bewirken. „Die Umsetzung muss in der Wirtschaft passieren, bei den Unternehmen, die investieren.“