Zapfenstreich für 31 Kasernen
Die betroffenen Städte und Gemeinden befürchten finanzielle Verluste in Millionenhöhe. Der Bund sagt Hilfe zu.
Berlin. Monatelang wurde in vielen Bundeswehr-Standorten gebangt. Jetzt herrscht Klarheit: 31 Kasernen werden geschlossen, zudem werden in 90 Städten und Gemeinden die Stützpunkte radikal verkleinert. Die Länder reagierten überwiegend mit Verständnis.
Aus den betroffenen Kommunen, die den Verlust von Wirtschaftskraft in Millionenhöhe befürchten, kam teils heftige Kritik und die Forderung nach einem Ausgleich. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bezeichnete die Schließungen jedoch als „unvermeidlich“. Derzeit gibt es bundesweit noch 400 Standorte.
Das neue Konzept, an dem De Maizière seit Monaten unter strengster Geheimhaltung gearbeitet hatte, wurde gestern vom Bundeskabinett gebilligt. Am härtesten trifft die Reform Bayern, Schleswig-Holstein und das Saarland. Mit fast 20 000 von 50 700 Dienstposten verliert Bayern die meisten Soldaten. Im Saarland fällt fast jeder zweite Bundeswehrjob weg. In Schleswig-Holstein werden acht Standorte ganz geschlossen — so viel wie in keinem anderen Land. Auch Traditionskasernen wie die Graf-Stauffenberg-Kaserne in Sigmaringen (Baden-Württemberg) stehen vor dem Aus. Der Osten kommt verhältnismäßig glimpflich davon.
Heftig gerupft wird Nordrhein-Westfalen. Die Standorte Kerpen und Königswinter werden ganz geschlossen — an vielen anderen Standorten wird die Stellenzahl dramatisch verkleinert. In Kerpen sind 720 Dienstposten von der Schließung betroffen. Allerdings soll das Jagdbombergeschwader 31 von dort in das benachbarte Nörvenich verlegt werden. Geschlossen wird auch das Materialdepot in Königswinter, wo zuletzt 70 Leute beschäftigt waren. Der Schließung entgangen ist die Rommel-Kaserne im lippischen Augustdorf — die Zahl der Beschäftigten und Soldaten wird aber nahezu halbiert.
Zahlenmäßig drastisch trifft es Köln: Von den derzeit 7910 Dienstposten sollen 5720 übrig bleiben. Abgebaut wird auch in Düsseldorf (siehe Kasten). Bereits am Montag hatte De Maizière angekündigt, dass Bonn erster Dienstsitz des Ministeriums bleibt. Er will aber so viele Mitarbeiter wie möglich nach Berlin holen.
De Maizière äußerte Verständnis für die Sorgen von Gemeinden, die die Bundeswehr verlieren. Die Bundeswehr sei nicht um der Standorte willen da, sondern dafür, „ihren Auftrag gut und sparsam zu erfüllen“. Weitere 33 Standorte werden auf jeweils weniger als 15 Beschäftigte reduziert. Der Minister sprach davon, dass dies praktisch „einer Schließung gleichkommt“. Umgesetzt werden soll das Konzept bis 2017. De Maizière versprach ein „Reform-Begleitprogramm“ für Soldaten und zivile Mitarbeiter.
Mehrere Länder sowie der Bundeswehrverband forderten Finanzhilfen für die betroffenen Regionen. Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen sprach von einem „schweren Schlag“. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) erklärte: „Der Verlust von sechs Standorten und die Reduzierungen an weiteren Orten schmerzen sehr.“ Er fordert allein für sein Land Entschädigungen in Millionenhöhe. Zugleich sagte Beck: „Mit den Grundstrukturen der Entscheidungen bin ich durchaus einverstanden.“