ZDF-Intendant verwahrt sich gegen politische Einflussnahme
Berlin (dpa) - Nach der Aufregung über das Wortgefecht zwischen SPD-Chef Sigmar Gabriel und „heute-journal“-Moderatorin Marietta Slomka hat sich ZDF-Intendant Thomas Bellut gegen Einflussversuche aus der Politik verwahrt.
„Wir sind in unserer journalistischen Arbeit unabhängig, egal wer in Berlin regiert“, sagte Bellut der „Bild am Sonntag“. Gleichzeitig nahm er die Moderatorin gegen die Kritik von CSU-Chef Horst Seehofer in Schutz: „Marietta Slomka ist eine hervorragende Journalistin und ein Aushängeschild für das ZDF.“
Slomka hatte in dem Interview verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Mitgliederentscheid der SPD über den Koalitionsvertrag geäußert. Gabriel wies diese Einwände empört zurück und warf der Moderatorin Parteilichkeit vor. Seehofer bezeichnete Slomkas Fragen später als absurd und kündigte an, er werde Bellut einen Brief schreiben.
Der designierte FDP-Chef Christian Lindner warf Seehofer vor, Probleme mit der Pressefreiheit zu haben. Es sei eine
„Grenzüberschreitung“, wenn Seehofer sich beim ZDF beschwere, weil „die große Koalition keine Hofberichterstattung“ bekomme, sagte Lindner der Zeitung „Die Welt“.
Bellut räumte Seehofer, der auch Mitglied im ZDF-Verwaltungsrat ist, dagegen grundsätzlich das Recht auf Kritik ein: „Selbstverständlich sollen und können Gremienmitglieder Kritik am Programm äußern.“ Im Fall des Gabriel-Interviews vom Donnerstag teile er sie aber nicht: „In einem Live-Interview kann es auch mal zur Sache gehen. Ganz unbeteiligt war Herr Gabriel auch nicht.“
ZDF-Chefredakteur Peter Frey sagte der dpa: „Jeder kann Briefe schreiben.“ Im „Spiegel“ vertrat er die die Ansicht, Gabriel und Slomka hätten sich in der Frage, ob der Mitgliederentscheid verfassungsgemäß ist, „zu lange verhakt“. Zugleich nahm er Slomka aber in Schutz: „Gabriels Vorwurf der Parteilichkeit ging zu weit. Slomkas Interviews mit Guttenberg, Schäuble oder Ramsauer waren auch nicht bequem.“
Der Leiter des ARD-Hauptstadtstudios, Ulrich Deppendorf, fand den Seehofer-Protestbrief „etwas befremdlich“, wie er der dpa sagte. „Das sollte man besser nicht tun.“
Gabriel sieht die Auseinandersetzung inzwischen gelassen. „Frau Slomka hat mich sozusagen mit "verstärkter Höflichkeit" befragt und das darf sie auch. Und ich habe mit "verstärkter Höflichkeit" geantwortet“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Denn so frei wie sie in der Art ihrer Fragen ist, bin ich es in meinen Antworten. Ich glaube, wir können uns beide nicht beschweren.“
Slomka selbst hatte den Vorwurf der Parteilichkeit zurückgewiesen: „Die Vielzahl von Interviews, die ich in den letzten zwölf Jahren geführt habe, belegen, dass dieser Vorwurf jeder Grundlage entbehrt. Ich trage keine parteipolitische Brille. Als Journalistin habe ich die Aufgabe, Politiker mit Kritik zu konfrontieren“, sagte Slomka der „Bild“-Zeitung.